1,5-Grad-Grenze in 5 Jahren erreicht: Die kritische Hitze naht
Die Erderhitzung schreitet rapide voran. UN-Chef António Guterres mahnt ein Werbeverbot für fossile Industrien an.
Bonn/London/Genf/Berlin dpa/epd/taz Es ist sehr wahrscheinlich, dass schon eines der nächsten fünf Jahre im Schnitt über der gefürchteten 1,5-Grad-Erderhitzungsgrenze liegt. Das zeigt eine Prognose der Weltorganisation für Meteorologie vom Mittwoch. Die Chance, dass es nicht so kommt, liegt demnach nur noch bei 20 Prozent.
Um die Erde als sicheren Lebensraum zu erhalten, haben die Regierungen im Pariser Weltklimaabkommen vereinbart, die Erderhitzung möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen. Dafür müssen die wärmenden Treibhausgasemissionen rapide sinken, sich zum Beispiel laut Weltklimarat IPCC bis 2030 etwa halbieren.
UN-Chef António Guterres appellierte am Mittwochnachmittag an Regierungen, ein Werbeverbot für Kohle, Öl und Gas zu erlassen. Die Nutzung fossiler Energieträger ist die Hauptursache der klimaschädlichen Emissionen. „Viele in der fossilen Industrie haben schamlos Greenwashing betrieben und versucht, Klimaschutz hinauszuzögern – mit Lobbyismus, juristischen Drohungen und gigantischen Werbekampagnen“, so Guterres.
Die Erde erhitzt sich mit zunehmender Geschwindigkeit: Der Mai war der zwölfte Monat in Folge, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den jeweiligen Monat erreichte, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus im Bericht „Indicators of Global Climate Change“ (IGCC) am Mittwoch mitteilte.
Auch El Niño spielt eine Rolle
Allein im vergangenen Jahrzehnt (2014 bis 2023) stieg die Temperatur durch Aktivitäten des Menschen demnach um rund 0,26 Grad. Das sei ein Rekord bei der Aufzeichnung mit Messgeräten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreiche, berichtet die Gruppe um Piers Forster von der Universität Leeds im Journal „Earth System Science Data“. Ein Jahrzehnt zuvor (2004 bis 2013) waren es nach Angaben der Universität rund 0,20 Grad Erwärmung.
Zu berücksichtigen ist bei den Rekordwerten, dass zuletzt Sondereffekte wie das erwärmend wirkende natürliche Klimaphänomen El Niño eine größere Rolle spielten.
Im IGCC-Bericht heißt es, der Anstieg sei einerseits auf den hohen Treibhausgas-Ausstoß zurückzuführen, andererseits sei die Menge an kühlenden Aerosolen in der Atmosphäre gesunken. Beispielsweise war infolge einer neuen Verordnung für sauberere Schiffskraftstoffe der Gehalt an Sulfat-Aerosolen stark zurückgegangen.
Im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, war der Mai den Copernicus-Daten zufolge 1,52 Grad wärmer. Die gemittelte globale Temperatur der vergangenen zwölf Monate – von Juni 2023 bis Mai 2024 – erreichte ebenfalls einen Höchstwert: Sie lag 1,63 Grad über dem vorindustriellen Niveau.
Leser*innenkommentare
sollndas
"...ein Werbeverbot für Kohle, Öl und Gas zu erlassen."
So ein Glück, dass man noch für E-Autos und Wärmepumpen werben darf, auch wenn die die Verstromung von Braunkohle und Gas erzwingen...
Goldi
Wer glaubt, wir wären noch vor einer kritischen Klimaveränderung, vor vielen Kippunkten der irrt.
Alle meteorlogischen Daten weisen daraufhin, dass wir bereits in der 2-3 Grad Erwärmungskurve sind.
Wer noch zweifelt, eine andere "Meinung" hat, guckst Du hier Dr. Mark Benecke:
www.youtube.com/watch?v=qVIeZcyXMdA
hartmood
Vielleicht werden die Sommer dann mal etwas besser. Grüße aus Spanien.
Graf Zahl
Ich weiß jetzt echt nicht was das hier noch soll. Das 1,5 Grad Ziel ist längst gerissen. Wer das nicht glauben mag sehe sich bitte den Time is Up Vortrag von Mark Benecke am der regelmäßig aktualisiert wird.
lesnmachtdumm
Äh ? Werbeverbot ?
Darf also kein Anbieter mehr verraten, dasser dir Gas ins Haus liefert, Flaschen fürn Campingkocher verkauft oder Benzin in' Tank füllt. Und Braunkohlestrom verkaufen, oder dir den Tarif verraten, darf dann auch keiner mehr. So'n Quatsch aber auch. Klingt irgendwie nach § 219a.
Zigaretten findet raucher heutzutage auch ohne Werbung, aber Angebote vergleichen bei Strom, Gas, Sprit - das kann doch keiner verbieten.
Bernd0506
Die Überschrift suggeriert mal wieder, dass 1,4°C kein Problem wären.
Nebenbei, gerade wurde veröffentlicht, dass 2024 das Jahr des Flugverkehrs wäre, weil dieser besonders stark zunimmt. Die Wirtschaftspresse hat sich gefreut.
Also erstmal Flugreisen einschränken und den ganzen CO2 Zertifikate-Ablass-Betrug zurücknehmen. Und mit der Lüge aufhören, dass CO2 Zertifikatehandel gut für die Umwelt wäre. Würde vielen nicht gefallen, die als Privatperson gerne quer durch die Welt in Urlaub fliegen.
Der Warenverkehr über die Meere macht knapp 3% der weltweiten CO2 Belastungen aus.
Den unnötigen Transport von sinnlosen Produkten quer über die Welt stoppen. Temu verbieten wäre mal ein erster schneller Schritt. Aber das traut sich ja wieder keiner. Die Produktionsumweltverschmutzung spielt bei Temu glücklicherweise keine Rolle, die Umweltverschmutzung bleibt ja bekanntlich an der EU-Außengrenze hängen.
Der Flugverkehr wächst besonders in China. Macht nichts, siehe oben.
Aldi Wolf
Na dann mal los, Deutschland wird die Welt retten.
Sonnenhaus
@Aldi Wolf Na ja. Deutschland hat schon die Welt gerettet, weil Herr Altmaier und Frau Merkel unsere international führende Solarindutrie an die Chinesen verschenkt haben, und den internationalen Wettbewerb vorantrieben, das China mittlerweile den weltweit größten Solaren Zubau jedes Jahr umsetzt. Angetrieben vom Vorbild Deutschland.
fhirsch
@Aldi Wolf Wäre schön, wenn wir wenigstens das tun würden, was theoretisch Probleme drin wäre. Stattdessen vergeuden wir unsere Zeit mit solchen Schlaumeierkommentaren.
- Tempolimit einführen
- Diesel- und Dienstwagensubventionen abschaffen
- Höhere Steuern auf CO2-Ausstoß incl. Kraftstoff, Flüge und Fleischkonsum
- Klimageld einführen
- Bahn sanieren
- Mehr Subventionen für energetische Sanierung von Häusern
- Hürden für Windkraftausbau beseitigen
Das beseitigt nicht die Probleme in der Welt, aber das macht uns endlich glaubwürdig und setzt andere unter Zugzwang.
Graf Zahl
@fhirsch Den wichtigsten Ansatz haben sie scheinbar vergessen. Die Maximalbesteuerung von Fleisch und Milchprodukten. Der Nutzen daraus ist deutlich höher als aus allen von ihnen gemachten Punkten.
Frauke Z
@fhirsch Nein, Fhirsch, das setzt niemanden unter Zugzwang.
Es macht das Öl nur andernorts billiger, wenn wir es nicht brauchen.
Es sind mit EU und Japan einfach zu wenige der großen Wirtschaftsregionen, für die Klimaschutz ernsthaft überhaupt eine Option ist.
So lange das so bleibt, wird es weitergehen mit der Erwärmung.