wir lassen lesen
: Reservat bumsfideler Saufbrüder

Günter Hetzers gesammelte Ergüsse erzählen aus dem Leben der härtesten Feiertruppe im deutschen Fußball

Natürlich ist Fußball nicht witzig. Es ist beispielsweise nicht witzig, Anhänger einer Zweitligamannschaft zu sein, deren Spiele man vor dem Fernseher angespannter und engagierter verfolgt als jeder der 22 Akteure auf dem Platz. Es ist auch nicht witzig, sich anderntags durch Spielberichte in der Flakhelfer-Prosa der Fachpresse zu lesen, in denen Sätze stehen wie „Scherz brach über links durch und bediente Streit, doch dessen Schuss hatte Ochs sicher“. Und es ist schon gar nicht witzig, wenn hippe Clubber das Thema als Party-Talk missbrauchen, auf große Experten machen und dann doch nur „irgendwie Werder gut finden“.

Und weil das alles so ist, ist man umso dankbarer für jeden Regelverstoß im hoffnungslos dicht gequatschten Strafraum des vorweltmeisterschaftlichen Deutschlands. Einen solchen leistet Philipp Köster allmonatlich mit seiner „Günter-Hetzer-Kolumne“ im 11Freunde-Magazin für Fußballkultur, dessen Chefredakteur der Autor ist. Aus der Sicht von Günter Hetzer werden hier die Abenteuer der härtesten Feiertruppe im deutschen Fußball beschrieben. In der Hauptrolle natürlich der Chef-Laberer („das weiß ich authentisch“) himself: „Ist mit Franz auf Du und Du und half auch schon mal Pelé bei Erektionsproblemen, hat in allen Szeneläden vom Alcazar bis zum Pascha einen Deckel, Ehrensache.“ Des Weiteren mit von der Partie: Co-Kommentator Delle („nich wahr“), Verbands-Chef Trollinger (sagt „nicht allzu konsequent nein zu Muntermachern aller Art“) sowie Waldi, das „agile Urviech“, dessen größte Leistung darin bestand, „Phlegma-Weltmeister Rudi Rallala auf Island richtig aus der Reserve“ zu holen: „Rudi am Keifen, und die Clique bückte sich ab – Kristall für alle!“

Egal ob Länderspielreise nach Rumänien, Privatfeier mit Olli und Verena im P 1 oder Krisensitzung im DFB, wo Trollinger wieder mal nicht zurücktritt – Onkel Günter und seine Jungs sind dabei. Im insiderischen SMS-Stil wird die jüngere deutsche Fußballgeschichte als ewige Wiederkehr der immer gleichen Siebzigerjahre-Anekdoten auf den Begriff gebracht. Der Fußball erscheint dabei als Reservat von bumsfidelen Saufbrüdern, die ein von Autobild, Neuer Revue und sämtlichen „Lass jucken, Kumpel“-Filmen geprägter Lebensstil zusammenschweißt.

So ist es selbstverständlich nur Satire, wenn Günter Hetzer in einer Kolumne spät nachts noch seine Ilse verlassen muss, obwohl die ihm gerade „saure Nierchen und lecker Soleier“ serviert: Anruf von Don Sepp, es gibt wieder mal Ärger mit dem Schweden. Günter muss sofort nach Genf, um dem Uefa-Chef klar zu machen, dass er „Schutz vor der großen Familie“ braucht. Mit einem schweinsledernen Koffer wird Hetzer vom Don zu Lennart geschickt und übergibt „eine kleine Aufmerksamkeit für dich und deine afrikanischen Freunde“.

Wesentlich schwieriger ist es für den Chef der Partytruppe da schon, in den Kicker-Kolumnistenkreis aufgenommen zu werden: „Der Kicker ist schließlich ein renommiertes Blatt und die Aufnahme in den Kreis eine Art Ritterschlag. Dann aber hat Rudi Völler mir gesteckt, dass Andi Brehme auch schreibt. Andi Brehme. Der Andi Brehme. Die ganze Freude zum Teufel. Lässt sich wahrscheinlich die Sätze von seiner Reinemachfrau in den Block diktieren. Subjekt, Prädikat, Objekt. Alles ein großes Rätsel für den Andi. Ich deshalb sauer zu meiner Frau: ‚Warum nicht gleich Willi Landgraf?‘ Anschließend erst mal schnell ins Badezimmer. Meine Haare sahen fürchterlich aus.“

Für Philipp Köster hingegen sollte das kein Problem werden. Seine gesammelten Kolumnen sind jetzt erstmalig auch als Buch erschienen. ANDREAS MERKEL

Philipp Köster: „Ballgefühl und Rassehasen – Die Günter-Hetzer-Kolumnen“. Tropen-Verlag 2005, 162 Seiten, 12,80 €