Housing Action Days: Raus aus der Defensive
Ab Freitag finden in Berlin und anderen Städten die Housing Action Days für bezahlbaren Wohnraum statt. Die Mieter*innenbewegung will Stärke zeigen.
BERLIN taz | „Faule Ostereier für Obdachlose“ – unter diesem Motto hat die Union für Obdachlosenrechte am Donnerstag vor der Senatssozialverwaltung in der Oranienstraße 106 demonstriert. Die unabhängige Interessenvertretung wohnungsloser Menschen in Berlin fordert zum Auslaufen der Kältehilfe Ende April Wohnungen für alle.
Stadtpolitische Aktivist*innen konnten sich hier schon einmal aufwärmen für die Housing Action Days, die am Freitag starten. Vom 29. März bis zum 7. April sind in zahlreichen europäischen Städten Aktionen für bezahlbaren Wohnraum für alle geplant.
So auch in Berlin: Das Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“ mobilisiert etwa am 4. April um 17 Uhr zu einer Kundgebung gegen Eigenbedarfskündigungen in die Hardenbergstraße 19 in Charlottenburg. In dem noblen Viertel soll gegen Kanzleien protestiert werden, die langjährige Mieter*innen auf juristischem Wege vertreiben wollen.
Der Kampf gegen Eigenbedarfskündigungen ist mittlerweile eine wichtige Säule der Bewegung. Am 6. April wollen Mieter*innen des Immobilienkonzerns Heimstadten dagegen auf die Straße gehen. Die Demonstration beginnt um 16 Uhr am Erkelenz-Damm 11-13 in Kreuzberg. Am gleichen Tag wollen sich um 18 Uhr vor dem Amazon-Tower an der Warschauer Brücke in Friedrichshain Kritiker*innen des Konzerns zu einer Kiezdemo versammeln.
Es ist ruhiger geworden um die Mieter*innenbewegung
Nach dem Scheitern des Mietendeckels und der Verschleppung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ durch den Senat schien die Berliner Mieter*innenbewegung in die Defensive geraten zu sein. Die Demonstrationen waren in der letzten Zeit merklich geschrumpft. Für Matthias Coers ist die Bewegung trotzdem ein Erfolg: „Die Mieter*innen haben gelernt, für ihre Interessen zu kämpfen und Solidarität mit ihrer Nachbarschaft zu üben“, sagt der Regisseur des Films „Mietrebellen“ der taz.
„Mit den Aktionstagen wollen wir als Berliner Mietrebell*innen wieder verstärkt in die Öffentlichkeit“, sagt Marion Langer von der Vorbereitungsgruppe. Das Interesse sei groß. Der Kalender mit den Terminen werde in den nächsten Tagen noch ergänzt.
Die Housing Action Days werden seit 2020 organisiert. Im vergangenen Jahr gab es laut Organisator*innen mehr als 120 Aktionen in über 60 Städten, von Ponta Delgada in Portugal bis Nicosia in Zypern. „Explodierende Mieten und fehlende günstige Wohnungen sind eine soziale Katastrophe in Berlin, aber auch in den meisten Städten Europas. Nicht nur die Wohnungs- und Finanzkonzerne agieren international, sondern wir auch“, sagt Kim Meyer vom Bündnis gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung.
Die Aktionstage sind auch ein Warm-up für die Demonstration „Die Miete ist zu hoch“, die am 1. Juni wieder Tausende auf die Straße bringen soll. Dort wird die Explosion bei den Betriebs- und Heizkosten im Fokus stehen. „Durch meine Erfahrungen in anderen Städten merke ich, dass die Auseinandersetzungen in Berlin entschlossener geführt werden. Die meisten Mieter*innen sind nicht bereit, schnell klein beizugeben“, zeigt sich Coers optimistisch, dass der Protest auch wirklich etwas bewegen wird.
Leser*innenkommentare
Herr Lich
Was soll er Protest gegen gestiegene Nebenkosten bringen? Der Vermieter gibt diese 1:1 weiter.
Abgesehen von falschen Nebenkostenabrechnungen, aber gegen die kann man ja auch jetzt schon vorgehen, dafür braucht es keine Demo.