Überwacht von Kollegen

Der Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter prangert Übergriffe der Polizei beim Kieler Christopher Street Day an: Verbandsmitglieder seien von der Polizei widerrechtlich gefilmt worden

„Das hat es bisher in keiner Stadt gegeben. Noch nicht mal beim CSD in München ist uns das passiert“

von Klaus Irler

Der Christopher Street Day, das vorweg, geht zurück auf den Juni 1969, als sich schwule Männer in der New Yorker Christopher Street erstmals gegen Übergriffe durch die Polizei zur Wehr setzten. 36 Jahren später wird der Christopher Street Day (CSD) weltweit gefeiert als Tag der Bürgerrechtsbewegung von Schwulen und Lesben für ein Leben ohne Diskriminierung. Und 36 Jahre später wird nach dem CSD in Kiel wieder von „Übergriffen“ durch die Polizei berichtet. Wobei sich diesmal die Übergriffe der Polizei gegen Polizisten gerichtet haben sollen – und zwar laut einer Pressemitteilung des Verbandes lesbischer und schwuler Polizeibediensteter in Deutschland (VelsPol).

Der Verband war am vergangenen Samstag auf dem Kieler CSD mit einem Informationsstand vertreten, um für Akzeptanz von Lesben und Schwulen innerhalb und außerhalb der Polizei zu werben. Mit dabei: Maik Exner-Lamnek vom VelsPol-Bundesvorstand und ein Kollege. Beide sind verbeamtete Polizisten. Den Info-Stand machten sie selbstredend in ihrer Freizeit und trugen dabei eine Ziviljacke mit der Aufschrift „Polizei“ sowie Baseball-Caps, auf denen „Polizei“ stand. „Die Kleidungsstücke sind keine Uniform“, so Exner-Lamnek. „Sie haben kein Hoheitszeichen.“

Trotzdem, so Exner-Lamnek, schickte der Einsatzleiter der Kieler Polizei Beamte, die wissen wollten, was es mit der Kleidung auf sich habe. „Wir haben den Beamten unsere Flyer gegeben“, so Exner-Lamnek. „Man konnte uns keinem anderen Bereich zuordnen.“ Und trotzdem seien die Beamten zurückgekehrt, um ihn und seinen Kollegen zu filmen und zu fotografieren. Als man mit dem filmenden Beamten reden wollte, sei dieser weggelaufen. Und zuletzt seien er und sein Kollege aufgefordert worden, die Kleider mit dem Schriftzug „Polizei“ auszuziehen. Begründung: Sie seien schließlich „nicht im Dienst.“

In jedem Fall sei „das Fotografieren und Filmen nicht erlaubt gewesen“ sagt Exner-Lamnek. „Das erlaubt das Landespolizeigesetz nur, wenn eine Gefahr von den Personen ausgeht oder eine Straftat zu erwarten ist.“ Auch ein etwaiger Verstoß gegen die Kleiderordnung könne nur zu einem innerdienstlichen Verfahren führen und keine Aufnahmen rechtfertigen. „Wir haben gegen gar nichts verstoßen.“ Der Bundesvorstand des VelsPol prüfe nun, ob er eine Feststellungsklage einreichen soll um zu klären, „ob wir diese Kleidung bei solchen Veranstaltungen tragen dürfen, oder nicht“. Für Exner-Lamnek ist die Angelegenheit ein „grober Zwischenfall“, etwas, das es „bisher in keiner anderen Stadt gegeben hat. Noch nicht mal beim CSD in München ist uns das passiert.“

In der Polizeiinspektion Kiel hieß es gestern, man werde den Fall „hausintern klären“ und zunächst nichts dazu sagen. Allerdings hat Ulrich Potthast vom Schleswig-Holsteinschen VelsPol-Landesverband mit dem stellvertretenden Inspektionsleiter gesprochen: „Der Einsatzleiter sagt, es sei ihm nur um die Kleidung gegangen.“

Potthast will den Fall nun an den Personalrat weiterleiten und sich mit der Inspektionsleitung zu einem Gespräch zusammensetzen. „Das ist unglücklich gelaufen. Die Beamten haben nicht erklärt, weshalb sie die Videoaufnahmen gemacht haben.“ Für sie begannen die Irritationen wohl mit „Polizisten auf einem schwulen Strassenfest mit Infostand: Das war etwas Neues für die Polizei in Kiel. Außerdem gab es Irritationen, weil die Kollegen ein dienstliches Käppi aufhatten – wenn auch ohne Wappen.“