MTU IST AN DER BÖRSE. DIE US-INVESTOREN ZIEHEN WEITER
: Heuschrecken Münchner Art

„Follow the money“, sagte Deep Throat zu Carl Bernstein und Bob Woodward – woraufhin sie den Watergate-Skandal aufdeckten. „Follow the money“ empfiehlt sich auch bei jedem Börsengang. Immer gibt es jemanden, der das Geld einsackt, das die neuen Aktionäre investieren.

Im Fall des gerade an die Börse gegangenen Turbinenbauers MTU heißt dieser Jemand KKR und ist ein Finanzinvestor aus den USA, eine lupenreine Heuschrecke. 430 Millionen Euro aus dem Emissionserlös fließen direkt an KKR, mit dem Rest werden Schulden bezahlt, die KKR der MTU aufgebürdet hatte, um so einen Teil des ursprünglichen Kaufpreises von 1,45 Milliarden Euro schnellstmöglich zurückzuholen. Am Ende bleibt ein ordentlicher dreistelliger Millionenbetrag bei KKR.

Follow the money – woher kommt dieser Gewinn? Wer hat draufgezahlt, damit KKR seine Investoren reich machen kann? Der Ex-MTU-Eigentümer DaimlerChrysler? Wohl kaum, schließlich hatten die Schwaben drei Jahre lang versucht, MTU loszuschlagen, bevor sie an KKR verkauften. Einen besseren Deal als 1,45 Milliarden in cash konnten sie nicht machen – sonst hätten sie ihn ja gemacht.

Hat die Belegschaft draufgezahlt? Es ist kein Protest gegen KKR bekannt geworden, die Mitbestimmung wurde respektiert, der Personalabbau, der schon unter DaimlerChrysler begonnen hatte, wurde unter KKR fortgesetzt – ob der alte Eigentümer hundert Beschäftigte mehr oder weniger an die Luft gesetzt hätte, wird man nie wissen.

Das Unternehmen? Rechnerisch unmöglich. MTU wird heute mit etwa 2 Milliarden Euro bewertet, also weit höher als vor zwei Jahren. Wie soll da eine Ausplünderung stattgefunden haben? Bleiben also nur noch die neuen Aktionäre. Aber auch die beschweren sich nicht über den Preis des Anteilscheins.

Offensichtlich waren bei MTU keine Heuschrecken am Werk. Keinem Beteiligten ist ein messbarer Schaden entstanden. Und dafür, dass der Gewinn von einer US-Firma eingestrichen wird, kann man nun wirklich keine finsteren Marktmächte verantwortlich machen. DETLEF GÜRTLER