Regierungsbildung in Spanien: Pedro Sánchez hat es geschafft

Er kann mit einer linken Minderheitenkoalition weiter regieren. Aber dafür musste der Premier eine ganze Reihe von Zugeständnissen machen.

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez und Andoni Ortuzar , Präsident der Baskischen Nationalistischen Partei

Ministerpräsident Pedro Sánchez und Andoni Ortuzar, Präsident der PNV Foto: Susana Vera/reuters

Madrid taz | Es ist so weit. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hat die Unterstützung zusammen, um sich Ende nächster Woche im Parlament für weitere vier Jahre ins Amt wählen zu lassen. Am Freitag unterzeichnet der Sozialist, der einer in Minderheit regierenden Linkskoalition seiner Sozialisten und dem linksalternativen Bündnis vorstehen wird, das letzte Unterstützungsabkommen mit der Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV).

Am Vortag unterzeichnete Sánchez’ sozialistische PSOE mit der katalanischen Junts per Cat – Gemeinsam für Katalonien (JxCat) – in Brüssel ein Abkommen. Außerdem sind die in Katalonien regierende Republikanische Linke Kataloniens (ERC), die baskischen Linksnationalisten von EH Bildu sowie die galicischen Nationalisten und eine Kanarische Regionalpartei mit an Bord.

Das Spektrum, das Sánchez in monatelangen Verhandlungen hinter sich vereinen konnte, umfasst damit alle Fraktionen mit Ausnahme der rechten Partido Popular (PP) und der rechtsextremen VOX. Zwar hatte die PP die Wahlen im Juli gewonnen, doch scheiterte deren Vorsitzender Alberto Nuñez Feijóo am Parlament. Dort unterstützte ihn nur VOX.

Alle, die jetzt hinter Sánchez stehen, weigerten sich deshalb, mit der PP zu verhandeln. „Die extreme Rechte zu stoppen, ist demokratische Pflicht“, sagt die baskische EH-Bildu, die als eine der ersten Fraktionen Sánchez unterstützte, und liefert damit die Erklärung, warum es zu so einem breiten Bündnis aus fortschrittlichen und konservativen regionalen Kräften kommen konnte.

Wichtige Zugeständnisse für Katalanen und Basken

Sánchez und seine PSOE haben in den Verhandlungen eine Reihe wichtiger Zugeständnisse gemacht. Sie gehen von einem neuen Steuersystem und Schuldenerlass für Katalonien über den seit Jahren ausstehenden Transfer von Kompetenzen an die baskische Autonomieregierung bis hin zu Gesprächen unter internationaler Beobachtung zur Lösung des Katalonienkonflikts.

Der wichtigste und umstrittenste Punkt ist ein Amnestiegesetz für weit über 1.000 Unabhängigkeitsaktivisten und -politiker, die 2014 und 2017 zuerst eine Volksbefragung und dann ein Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens abhielten. Unter denen, die angeklagt sind, aber straffrei ausgehen werden, sobald das Gesetz vom Parlament verabschiedet wird, befindet sich der ehemalige Präsident Kataloniens, Carles Puigdemont, der seit Ende 2017 im Brüssler Exil lebt und im Europaparlament sitzt.

Die Richterverbände sind wütend über das Abkommen

„Es ist der Weg, der Politik das zurückzugeben, was der Politik gehört“, zeigte sich Puigdemont nach der Unterzeichnung des Abkommens zwischen JxCat und PSOE zufrieden. JxCat verpflichtet sich nicht nur, für eine Sánchez-Regierung zu stimmen, sondern für vier stabile Jahre sorgen zu wollen.

Die Abkommen stoßen auf unterschiedliche Reaktionen. Während die Gewerkschaften und der katalanische Unternehmensverband begrüßen, dass die Legislatur endlich beginnen kann, beschweren sich unterschiedliche Richterverbände. Für sie greift die Regierung mit der Amnestie direkt in ihre Kompetenzen ein.

Was die Richter am meisten empört: Im Abkommen mit JxCat wird ein parlamentarischer Ausschuss vereinbart, der untersuchen soll, inwieweit sich ein Teil der Justiz- und Ermittlungsbehörden für einen juristischen, schmutzigen Krieg – Lawfare – gegen Unabhängigkeitsbefürworter hat einspannen lassen.

Ein Verdacht, der dieser Tage wieder zu hören ist. Denn ausgerechnet zwei Tage vor der Unterzeichnung des Abkommens mit seinem Amnestiegesetz leitete ein der PP nahestehender Richter neue Ermittlungen gegen Aktivisten und Politiker aus Katalonien ein, darunter Puigdemont.

Die spanische Rechte mobilisiert gegen den „Verrat“

Die spanische Rechte geht auf die Barrikaden. Seit einer Woche reißen die Proteste nicht ab, zu der das Umfeld von PP und Vox vor den PSOE-Lokalen überall im Land mobilisiert. In Madrid kommt es dabei immer wieder zu Ausschreitungen. Selbst in Brüssel wurde das PSOE-Lokal mit Parolen wie „Verräter“ beschmiert.

Die PP distanziert sich von den gewalttätigen Protesten nur halbherzig. Das Abkommen mit Katalanen und Basken erniedrige Spanien. „Wir stehen vor einer Herausforderung für die spanische Demokratie, die die Reaktion der spanischen Demokraten erfordert, unabhängig von der Ideologie“, ruft der Vorsitzende der PP, Feijóo, zu Kundgebungen in alle 52 Provinzhauptstädte für Sonntagmittag.

Vox-Chef Santiago Abascal unterstützt diejenigen, die in Madrid vor dem PSOE-Sitz eine „Nationale Erhebung“ einfordern. Für ihn ist Sánchez ein autoritärer Machthaber. Abascal prophezeit einen „langanhaltenden zivilen Widerstand“. „Es gibt nur ein Ende: Entweder sitzt der Diktator auf der Anklagebank oder wir gehen ins Gefängnis“, heizt Abascal die Stimmung an.

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