Kölnerinnen und Kölner lassen ihre Polizei nicht allein

Was tun gegen Polizeirepression und Kontrollwut? Mehr Fragen als Antworten gab es bei der Podiumsdiskussion „Making of...Frühlingszauber“ über die gleichnamige Kölner Polizeiaktion. Dabei kann Protest etwas bewirken: Die umstrittene Straßenordnung soll offenbar entschärft werden

KÖLN taz ■ Der Unmut gegen die Kölner Polizeiaktion „Frühlingszauber“ wächst. Nachdem diese Woche erstmals Stimmen aus der Polizeigewerkschaft die seit März laufende verstärkte Fahndung nach Schwarzfahrern, Verkehrssündern und „Intensivtätern“ kritisiert hatten, lud am Donnerstagabend die neu gegründete Mediengruppe „Making of...“ zu einer Podiumsdiskussion. Das erklärte Ziel, Strategien „gegen behördliche Kontrollwut“ zu entwickeln, lockte rund 200 meist junge Menschen in den Bahnbogen „Le Village“ in der Plankgasse. Viele waren gekommen, um etwas über die Hintergründe von „Frühlingszauber“ erfahren.

„Ich will mich informieren“, sagte Politikwissenschaftsstudent Helge. Die 26-jährige Melanie wollte „verschiedene Sichtweisen“ hören, um sich eine Meinung bilden zu können. Die beiden Studierenden Barbara und Raphael hatten sich dagegen ihre kritische Meinung schon gebildet. Kein Wunder: Sie sind selbst schon einmal in die verstärkten Polizeikontrollen geraten. Bei einer Aktion von KVB und Polizei hätten die Beamten gezielt eine farbige Frau neben ihm herausgepickt, erzählte Raphael der taz. Er sei dagegen nicht überprüft worden.

Auf dem Podium berichtete Rosi Herting von der Obdachlosen-Einrichtung Oase, dass Obdachlose vermehrt ins Visier von „Frühlingszauber“ geraten. Ordnungsamt und Polizei vertrieben diese gezielt aus dem Stadtgarten und von den Poller Wiesen. „Sie räumen die Plätze und entsorgen die wenige Habe“, so Herting. Selbst Personalausweise gingen dabei verloren. Als Gegenstrategie zu „Frühlingszauber“ empfahl sie: „Bei Aktionen nicht wegschauen, sondern hingehen und nachfragen!“ Die Ursache der verstärkten Repression sah Herting in der wirtschaftlich unsicheren Lage. „Das erzeugt Angst vor denen, die schon alles verloren haben.“ Der Kölner Rechtsanwalt Eberhard Reinecke, der für die PDS im Polizeibeirat sitzt, verwies dagegen auf den neoliberalen Zeitgeist, der „nur die individuelle Schuld betont“. Die gesellschaftlichen Ursachen von Kriminalität würden dagegen ausgeblendet.

„Heute sind mehr Fragen als Lösungen formuliert worden“, fasste Moderator Felix Klopotek die Diskussion treffend zusammen. Schade nur, dass er und sein Co-Moderator Peter Scheiffele selbst keine konkreten Vorschläge für Strategien „gegen die behördliche Kontrollwut“ brachten. Stattdessen vertröstete Klopotek das Publikum auf Aktionen im Herbst.

Dabei können Proteste durchaus etwas nützen, wie die Unterschriftenaktion gegen die neue Kölner Straßenordnung zeigt. Nach Informationen der taz will die Verwaltung im nächsten Verwaltungsausschuss vorschlagen, dass das umstrittene Verbot, Pfandflaschen aus Abfallbehältern herauszuholen, wieder aufgehoben wird. THOMAS SPOLERT