Harte Fronten beim Gedenken

GESCHICHTSPOLITIK Die Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ werde nun doch in der Werkstatt der Kulturen gezeigt, sagt der Migrationsbeauftragte. Kritik von schwarzen und jüdischen Deutschen

Die Debatte um die Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ sei „symptomatisch“, sagt Tahir Della von der Initiative Schwarzer Deutscher (ISD): „Da trifft eine Fachfrau eine Entscheidung, die wird von anderer Seite kritisiert und dann von höherer Stelle sofort rückgängig gemacht.“ Dieser Umgang mit Kritik, auch mit Befindlichkeiten von schwarzen Menschen sei typisch: Es werde abgewiegelt oder jeder Vorwurf zurückgewiesen. Dabei sei, so Della, schon der Titel der Ausstellung stigmatisierend: „Die Verwendung des Begriffs ‚Dritte Welt‘ wirft die Frage auf: Sollen hier alte Bilder und Vorurteile korrigiert oder festgeschrieben werden?“

Die umstrittene Ausstellung sollte zum 70. Jahrestag des Kriegsbeginns am 1. September in der Werkstatt der Kulturen gezeigt werden. Die vom Kölner Journalisten Karl Rössel entwickelte Schau würdigt die Rolle nichtweißer Widerstandskämpfer gegen die Nazis, geht aber auch auf die Kollaboration von asiatischen, afrikanischen oder arabischen Antikolonialisten mit den Nationalsozialisten ein. Werkstattleiterin Philippa Ebéné sagte die Ausstellung ab, da sie nicht ihren Vorstellungen und den mit ihr getroffenen Absprachen entspreche. „Wir wollten eine Ausstellung, die die Rolle der people of colour im Kampf gegen den Nationalsozialismus würdigt“, so Ebéné zur taz. Es sei angemessen, „dafür einmal Danke zu sagen, ohne gleich mit dem erhobenen Zeigefinger auf ebenfalls vorhandene Kollaborateure hinzuweisen“. Die Ausstellung wird nun in den Uferhallen im Wedding gezeigt.

Laut dem Integrationsbeauftragten Günter Piening soll nun aber doch ab dem 3. September eine Kopie in der Werkstatt der Kulturen gezeigt werden. Der Trägerverein der Werkstatt, dem mehrheitlich Migrantenorganisationen angehören, habe das beschlossen. Dessen Vorstand war für eine Stellungnahme am Montag nicht zu erreichen.

Unterstützung bekommt Ebéné nicht nur von schwarzen, sondern auch von jüdischen Deutschen. Gemeinsam mit der Leiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung für demokratische Kultur, Anetta Kahane, will der ISD sich bei einer Pressekonferenz am Mittwoch hinter die Entscheidung der Werkstattleiterin stellen. Ebénés Entscheidung sei rückgängig gemacht worden, ohne dass ihre Argumente auch nur ordentlich angehört worden seien, sagte ISD-Sprecher Della: „Wir fordern die Verantwortlichen auf, sich mit der berechtigten Kritik an der Ausstellung zu befassen.“ ALKE WIERTH