Deutsche Asylpolitik: Mehr Abschiebungen absehbar

Die Bundesregierung hat das Tempo bei Abschiebungen erhöht, zeigen neue Daten. Vor allem in die Türkei werden mehr Menschen zurückgezwungen.

Familie sieht einem Flugzeug hinterher

Ein besonders deutlicher Anstieg zeigt sich bei der Zahl der Abschiebungen in die Türkei Foto: Imago

BERLIN taz | Aus Deutschland dürften 2023 deutlich mehr Menschen in eine unsichere Zukunft abgeschoben werden als im vergangenen Jahr. Wenn das Tempo aus dem ersten Drittel beibehalten wird, werden bis Ende des laufenden Jahres wohl über 14.000 Menschen in ihre Herkunftsländer zurückgezwungen, zeigen Berechnungen der Linken-Abgeordneten Clara Bünger. 2022 gab es „nur“ etwa 13.000 solcher Rückführungen.

Grundlage der Berechnungen ist die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage Büngers, die der taz vorliegt. Demnach wurden bis April rund 4.800 Personen abgeschoben. Ein besonders deutlicher Anstieg zeigt sich bei der Zahl der Abschiebungen in die Türkei. Beim gegenwärtigen Tempo dürfte es bis Ende 2023 insgesamt rund 650 erzwungene Rückführungen dorthin geben – 2022 waren es insgesamt nur knapp über 500.

„Besonders besorgniserregend“ nennt Bünger das gegenüber der taz. Nach dem Wahlsieg Erdogans sei dort mit verschärfter Repression gegen Oppositionelle zu rechnen. „Dass Bund und Länder unter diesen Umständen an Abschiebungen in die Türkei festhalten und immer wieder Ak­ti­vis­t*in­nen direkt ihren Ver­fol­ge­r*in­nen ausliefern, ist deshalb absolut unverantwortlich.“

Bünger kritisiert außerdem, dass weiterhin in den Irak abgeschoben werde und auch kurdisch-jesidische Menschen dorthin zurück gezwungen würden. Das sei besonders verwerflich, weil „der Bundestag noch Anfang des Jahres die grausamen Verbrechen des IS an den Je­si­d:in­nen im Nordirak und in Nordsyrien als Völkermord anerkannt und den Angehörigen dieser verfolgten Religionsgemeinschaft Schutz versprochen hat“, so Bünger.

Empört ist die Abgeordnete zudem über zwei Abweisungen von Geflüchteten aus dem Iran an deutschen Flughäfen, „obwohl das dortige Regime seit Monaten brutal gegen die eigene Bevölkerung vorgeht und gerade erst eine neue Hinrichtungswelle gestartet hat.“ Geflüchtete in den Iran zurückzuschicken mit der Begründung, der Antrag auf Asyl sei offensichtlich unbegründet, nennt Bünger „perfide“.

Die Linkenabgeordnete hält die gesamte Abschiebepolitik der Ampelkoalition für fatal. „Ich bin froh über jede Abschiebung, die verhindert werden kann“, sagte Bünger zur taz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.