Bangkok Pride: Thailand auf dem Weg zur Homo-Ehe

Die bei den Wahlen siegreiche Reformkoalition will die Ehe für alle einführen. Doch ist offen, ob die Koalition wirklich die Regierung stellen kann.

Zwei Männer stehen vor einer Regenbogenfahne und halten Schilder in den Händen

Micha Schulze und Watcharin Pukut Foto: privat

BERLIN taz | Sie wären längst verheiratet, wenn sie es denn dürften: Micha Schulze und Watcharin Pukut. Doch dem Berliner, 55, der seinen Lebensmittelpunkt seit 18 Jahren in der thailändischen Hauptstadt Bangkok hat, und seinem langjährigen Lebenspartner, 31, bleibt das in Thailand verwehrt.

Die sogenannte Homo-Ehe gibt es in dem Königreich nicht. Die Behörden dort erkennen gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht an. Ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht gibt es bislang nur für heterosexuelle Paare.

Seit der Parlamentswahl am 14. Mai indes hat die Ehe für alle in Thailand so große Chancen wie nie zuvor. Der Wahlsieger, Pita Limjaroenrat, Chef der oppositionellen Fortschrittspartei, hatte unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angekündigt, die Ehe für alle einführen zu wollen, sollte er neuer Regierungschef werden. Pita gibt sich zuversichtlich, dass er bald Thailand regieren werde.

Die Thai­län­de­r:in­nen hatten der militärgestützten Regierung von Ministerpräsident und Putschführer Prayut Chan-o-cha eine klare Absage erteilt. Pita hat inzwischen eine progressive Acht-Parteien-Koalition mit einem 23-Punkte-Programm geschmiedet, zu dem auch die Einführung der Homo-Ehe gehört.

Trauungsfeiern für queere Paare in buddhistischen Tempeln

„Die rechtliche Gleichstellung hat die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung“, sagt Micha Schulze, Journalist und Herausgeber von queer.de: „Über die Rechte von queeren Paaren wird schon seit vielen Jahren diskutiert.“

So führen buddhistische Tempel seit Jahrzehnten Trauungszeremonien für queere Paare durch, die zwar keine rechtlichen Konsequenzen, aber eine große symbolische Wirkung haben. So stimmte das thailändische Parlament im Februar 2022 für einen Ehe-für-alle-Gesetzentwurf, der aber von der bisherigen konservativen Regierung ignoriert wurde.

Grundsätzlich ist Thailand recht liberal gegenüber queeren Lebensweisen, Bangkok gilt als wichtigster und größter LGBTIQ-Hotspot im Land. Vor Corona waren die Clubs und Bars in der Silom Road und deren Nebenstraßen, in denen sich die Gayszene allabendlich versammelte, in der Regel so voll, dass vor allem Tou­ris­t:in­nen mit ihren Drinks draußen auf den Bürgersteigen hocken mussten.

Auch die nicht weit von Bangkok entfernte Urlaubsinsel Koh Samet zieht nach dem Pandemieende wieder die Gay Community an, die dort an den Wochenenden ausgiebig feiert. Auch das Personal besteht häufig aus schwulen Männern, die nicht selten aus Kambodscha kommen.

Regierungswechsel könnte am militärnahen Senat scheitern

„Ich bin sicher: Wenn Pita Limjaroenrat zum Premierminister gewählt wird, kommt auch die Ehe für alle“, sagt Micha Schulze. „Die Frage ist, ob die Armee oder konservative Rich­te­r:in­nen den Regierungswechsel mit Tricks noch verhindern können.“

Unwahrscheinlich ist das nicht. Denn der Ministerpräsident wird in Thailand nicht nur von den demokratisch gewählten Parlamentsabgeordneten bestimmt, sondern auch von den durch die letzte Militärregierung ernannten Senator:innen. Von ihnen haben viele bereits angekündigt, Pita nicht zum Regierungschef wählen zu wollen.

Der Grund: Dessen Pläne, das drakonische Gesetz zur Majestätsbeleidigung ändern zu wollen. Wer den thailändischen König oder seine Familie beleidigt, kann bisher bis zu 15 Jahre im Gefängnis landen. Schulze ist sich sicher, dass es zu heftigen Protesten kommen wird, sollte Pita „aus fadenscheinigen Gründen“ nicht gewählt werden.

Pita hatte am Montag betont, seine zwar noch zu bildende Regierung werde die Ehe für alle sobald wie möglich zulassen, auf jeden Fall vor 2028. In dem Jahr soll Thailand die WorldPride ausrichten, ein globales LGBTIQ-Festival. In diesem Jahr fand die WorldPride Anfang März im australischen Sydney statt.

Juni ist Pride Month in Bangkok

Im Juni begeht Bangkok traditionsgemäß den Pride Month: ein Festmonat für Vielfalt und Gleichheit mit zahlreichen politischen und kulturellen Veranstaltungen. Am Sonntag findet die Bangkok Pride Parade statt, der Christopher Street Day der thailändischen Hauptstadt, bei dem für die Ehe für alle demons­triert werden wird.

In Chiang Mai, der im Norden gelegenen zweitgrößten Stadt des Landes, fand die Pride-Parade schon am vergangenen Sonntag statt. Micha Schulze und Watcharin Pukut waren dabei. Sie trugen ein Schild mit der Forderung „Lasst Homo-Paare heiraten“. Sie sagen: „Wir würden gern heiraten, natürlich aus Liebe. Aber auch zur gegenseitigen Absicherung.“

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