EU-Renaturierungsgesetz verschoben: Green Deal der EU wankt

Die Wiederherstellung von intakten Ökosystemen ist eine Grundlage der EU-Klimapolitik. Konservative und Populisten blockieren ein wichtiges Gesetz.

Kornblume am Feldrand

„Ohne intakte Natur keine Landwirtschaft“: Das EU-Gesetz zur Renaturierung hat noch keine Mehrheit Foto: imago

Brüssel taz | Paukenschlag im Europaparlament: Ein wichtiger Pfeiler des „European Green Deal“, das geplante EU-Gesetz zur Renaturierung, hat bei einer Kampfabstimmung am Donnerstag im Umweltausschuss keine Mehrheit gefunden. Deutsche Christdemokraten, Konservative und die ID-Fraktion, zu der auch die AfD gehört, blockierten eine Entscheidung.

Sie konnten 44 Abgeordnete mobilisieren, genauso viele wie die Befürworter. Das reichte nicht, um den Text „in die Tonne zu treten“, sagte der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Bei einem dreistündigen Abstimmungs-Marathon fand sich jedoch auch keine Mehrheit für den Entwurf. Die Sitzung wurde auf den 27. Juni vertagt.

Die umstrittene Verordnung zur Wiederherstellung der Natur gilt als Kernstück des sogenannten Green Deal, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will. Sie sieht vor, dass bis 2030 geschädigte Ökosysteme auf 20 Prozent der Fläche der EU „wiederhergestellt“ werden müssen. Bis 2050 müssen alle Ökosysteme in Europa wieder in einem gesunden, „natürlichen“ Zustand sein.

Die Konservativen und Rechten hatten gefordert, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Sie behaupten, er schade den Bauern und gefährde die Lebensmittelversorgung. Demgegenüber haben sich Grüne, Sozialdemokraten, Liberale und Linke für das Gesetz ausgesprochen. Sogar große Konzerne wie Nestlé oder IKEA warben für den Entwurf.

2.500 Änderungsanträge

Das heftige Tauziehen schlug sich in 2.500 Änderungsanträgen nieder, berichtete der Chef des Umweltausschusses, Pascal Canfin. Es artete sogar in eine Schlammschlacht aus. Befürworter und Gegner warfen einander vor, Desinformation zu verbreiten. Auch Manfred Weber, der Chef der mächtigen EVP, geriet unter Beschuss.

Weber habe Mitgliedern seiner konservativen Fraktion mit dem Rauswurf gedroht, wenn sie nicht gegen den Entwurf stimmen sollten, behauptet Canfin. Der CSU-Politiker nutze das Gesetz, um Allianzen mit der extremen Rechten zu schmieden, warnen Grüne und Linke. Weber hat diese Vorwürfe zurückgewiesen – doch der Streit geht weiter.

Geschwächter Entwurf

Nach der nun nötigen zweiten Abstimmung im Umweltausschuss in zwei Wochen ist noch ein Votum im Plenum geplant – und dort könnte der Entwurf ebenfalls scheitern. „Ich halte es für sehr gut möglich, dass wir den Vorschlag spätestens im Plenum ablehnen, so wie das der Fischerei- und Agrarausschuss getan haben“, erklärte Peter Liese, umwelt- und klimapolitischer Sprecher der EVP-Fraktion.

Schon jetzt konnten die Konservativen „einige Änderungsanträge durchbringen, die das Gesetz durchlöchern und schwächen“, sagt Delara Burkhardt, die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten. Deshalb sei offen, was am Ende übrig bleibe. „Selbst den Konservativen muss klar sein, dass es ohne intakte Natur keine Landwirtschaft geben kann“, so Burkhardt.

„Eine fossile Allianz von CDU/CSU bis zur extremen Rechten sabotiert derzeit alle europäischen Klimaschutzmaßnahmen“, kommentierte der Grüne Bloss. „Der Klimaschutz steht auf Messers Schneide.“ Umso mehr müsse das Parlament das Renaturierungs-Gesetz verteidigen.

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