Farc-Dissidenten in Kolumbien töten Kinder: Regierung setzt Waffenruhe aus

Nach jahrelangen Konflikten verhandeln Kolumbien und die Rebellen über Frieden. Die Ermordung von vier Kindern führt zu einem Rückschritt.

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro spricht Anfang Mai bei einer Zeremonie

Nach dem Tod von vier Minderjährigen hat Präsident Petro den regionalen Waffenstillstand aufgekündigt Foto: John Vizvaino/ap

BOGOTÁ afp | Nach der Tötung von vier minderjährigen Indigenen in Kolumbien mutmaßlich durch ehemalige Mitglieder der Rebellenorganisation Farc hat Präsident Gustavo Petro einen regionalen Waffenstillstand in vier Brennpunktregionen mit den linksgerichteten Rebellen aufgekündigt.

Die Waffenruhe „ist ausgesetzt und alle Offensiv-Operationen“ in den Regionen Meta, Caquetá, Guaviare und Putumayo „werden fortgesetzt“, sagte Petro am Montag. Die Guerilla-Gruppe verurteilte die Entscheidung der Regierung und sagte einen „Krieg“ voraus.

Vier zur Gemeinschaft der Murui gehörende „Kinder und Heranwachsende“ seien im kolumbianischen Amazonasgebiet „exekutiert“ worden, hatte die kolumbianische Ombudsstelle für Menschenrechte am Sonntag erklärt. Zuvor seien sie aus der Farc-Dissidentengruppe Front Carolina Ramírez ausgetreten. Zum Alter der Getöteten wurden zunächst keine Angaben gemacht.

Die Front gehört zur Rebellengruppe Estado Mayor Central und hatte einer zu Jahresbeginn von der Regierung vorgeschlagenen bilateralen Waffenruhe zugestimmt. Die vier Regionen, in denen Präsident Petro nun die Waffenruhe aussetzte, sind Hochburgen der Farc-Dissidenten.

Offensichtliche Menschenrechtsverletzung

Es handle sich bei der Rekrutierung und Tötung jugendlicher Indigener um „offensichtliche Menschenrechtsverletzungen“, erklärte die Menschenrechts-Ombudsstelle am Sonntag weiter. Die „Rekrutierung und Ermordung von Kindern und Jugendlichen aus indigenen Gemeinschaften“ sei „keine Geste des guten Willens, um Frieden zu erreichen“.

Der Estado Mayor Central kritisierte Petros Entscheidung. Der einseitige Abbruch „wird einen Krieg auslösen und die Zahl der Toten, Verletzten und Gefangenen wird sich vervielfachen“, gab die Gruppe in einer an die Medien gesendeten Erklärung an.

Kolumbien leidet seit mehr als einem halben Jahrhundert unter bewaffneten Konflikten zwischen dem Staat und zahlreichen linken Guerilla-Gruppen, rechten Paramilitärs und Drogenschmugglern. 2016 hatte die größte kolumbianische Guerillaorganisation Farc ein Friedensabkommen mit der Regierung unterzeichnet – das die Dissidenten der Farc aber ablehnen.

Seit dem Friedensabkommen ist die 1964 gegründete Gruppe Ejército de Liberación Nacional (Nationale Befreiungsarmee, ELN) die stärkste verbliebene Rebellenorganisation in Kolumbien.

Am Silvestertag 2022 hatte Präsident Petro – selbst ein ehemaliger Guerillero – verkündet, mit den fünf größten bewaffneten Gruppen des Landes einen sechsmonatigen Waffenstillstand vereinbart zu haben, darunter ELN und Farc-Dissidenten. Die ELN bestritt jedoch Tage später die Existenz des Waffenstillstands – woraufhin die kolumbianische Regierung ihn aussetzte.

Mitte Mai hatte Petro die ELN nach dem Scheitern einer dritten Gesprächsrunde im kubanischen Havanna zu einem regionalen Waffenstillstand aufgefordert. Die ursprüngliche Idee eines landesweiten Waffenstillstands sei „komplex, schwierig, sehr instabil und sehr gefährlich“, er schlage deshalb einen regionalen Waffenstillstand vor.

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