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: Ein Stadion für alle

Das Champions-League-Endspiel zeigte vor allem eins: Ein besserer Fußball ist möglich – und noch bezahlbar

Um zu verstehen, wie rasant sich Verhältnisse wandeln können, hilft es, auf das Champions-League-Finale 2019 zurückzublicken. Auch da standen die Frauen des FC Barcelona im Finale, aber sie unterlagen völlig chancenlos mit 1:4 gegen Olympique Lyon, die als Maß aller Dinge galten. Die taz befand, der Klassenunterschied erinnere „an eine frühe Runde des DFB-Pokals“. In jenem Jahr hatte die Uefa gerade zum ersten Mal das Finale der Frauen an einen eigenen Ort verlegt, und das galt als Wagnis. Und ins Stadion von Budapest hatten zwar offiziell 19.000 Zu­schaue­r:in­nen gefunden, aber viele Plätze blieben leer, andere waren erkennbar mit Schulklassen gefüllt. Die Tickets wurden umsonst oder für wenige Euro vergeben. Die einzige Parallele: der auch damals schon stattliche Auswärtsblock von Barcelona.

Vier Jahre später wirkt dieses Finale wie aus prähistorischen Zeiten. Eine überragende Partie bestritten Wolfsburg und Barcelona im Champions-League-Finale am Samstag, und dass sie auf Augenhöhe stattfand, ist keine Erwähnung mehr wert. Dass das Finale mit 34.000 zahlenden Zu­schaue­r:in­nen – diesmal waren die günstigsten Tickets für 15 Euro zu haben – ausverkauft war, ist durchaus noch eine Nachricht, aber keine allzu überraschende mehr. Für einen kurzen Augenblick der Geschichte ist es wieder möglich geworden, den weltbesten Fußball zu einem bezahlbaren Preis zu sehen. Ob er von Männern oder Frauen bestritten wird, scheint Fans zumindest bei diesem Kaliber zunehmend unwichtig. Das junge, diverse Publikum, das friedlich durch die Straßen zog, belegte: Ein besserer Fußball ist möglich. Wenn man ein vernünftiges Angebot macht. Diesen Wandel hat Barcelona zwar nicht als Erstes, aber doch als erster echter Weltklub verstanden. Einige entscheidende Jahre vor den reichsten englischen Klubs hat man hier für die Frauenabteilung mehr Gelder locker gemacht, hat Trainingsinhalte, Spielstil und Personal bei Frauen und Männern synchronisiert, hat Fans mit Highlight-Spielen gezogen. Dieser strukturelle Vorsprung zahlt sich nun aus. Die englischen Klubs, PSG oder Bayern holen zwar auf, aber bis dahin dürfte Barca eine Ära prägen. Wer die zum Preis eines Kinotickets noch live sehen möchte, beeilt sich besser, bevor wieder selektiert wird. Der Vergleich zu 2019 zeigt aber auch: Natürlich lassen sich Geschmäcker erweitern, Horizonte verändern. Und das hat durchaus revolutionäres Potenzial. Alina Schwermer