Ende des US-Haushaltsstreits: Politikunfähigkeit als System

Die Zahlungsunfähigkeit ist abgewendet, mit einem Kompromiss, der keinem gefällt. Wie lang wollen sich die USA diese Dysfunktionalität noch leisten?

Kevin McCarthy

Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses McCarthy Foto: Jose Luis Magana/ap

Es ist kaum noch zu zählen, wie oft die US-Republikaner dieses Spiel inzwischen schon angezettelt haben: Wann immer ein demokratischer Präsident im Weißen Haus sitzt und sie die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, nutzen sie den politischen Routinevorgang der Erhöhung oder Aussetzung der Schuldenobergrenze, um die eigene Regierung zu erpressen. In dramatischen Verhandlungen bis zur letzten Minute wird dann gezockt, um anschließend stolz verkünden zu können, man habe der Regierung irgendwelche Ausgabenkürzungen abgetrotzt. In der Zwischenzeit stehen die USA kurz vor der Zahlungsunfähigkeit und die Weltwirtschaft zittert.

Donald Trump hatte als Präsident die Methode perfektioniert, ständig Krisen zu verursachen und sich anschließend mit deren Lösung zu brüsten. Er sah diese Art bewusst eingesetzter Verantwortungslosigkeit als legitime Art, Politik zu machen. Das kann machen, wer sich ganz sicher ist, im Fall des Scheiterns die Gegenseite verantwortlich machen zu können. In dieser Disziplin ist Trump gewiefter als der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy.

McCarthy, mit dem Wahlchaos von 15 Wahlgängen geschwächt ins Amt gekommen, konnte in dieser Situation nur verlieren. Hätte er das Instrument der Schuldenobergrenze nicht gezogen, wären die republikanischen Hardliner der eigenen Fraktion sofort über ihn hergefallen. Jetzt hat er nicht viel durchgebracht und einen Deal vereinbart, mit dem überhaupt niemand zufrieden ist. Nicht einmal die, die ihm zugestimmt haben. Zwar ist die Erleichterung groß, die Zahlungsunfähigkeit abgewendet zu haben – aber das ist eben einfach nur wieder die Verhinderung einer hausgemachten Katastrophe.

Es liegt an den USA, zu entscheiden, wie lange sie sich solche Dysfunktionalitäten in ihrem politischen System noch leisten wollen. Nur: Wenn Checks & Balances zum Ausdruck von Politik- und Reformunfähigkeit werden, schadet das dem Ansehen der Demokratie massiv. Und das leider nicht nur in den USA.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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