Parlamentswahlen in Thailand: Ein Korb für die Konservativen

Die Opposition hat sich bei der Wahl in Thailand durchgesetzt. Mit einer hohen Wahlbeteiligung stimmte die Mehrheit für eine demokratische Zukunft.

Pita Limjaroenrat, Vorsitzender der Move Forward Partei, spricht zu Journalisten

Der Vorsitzender der Move Forward Partei, Pita Limjaroenrat, gibt in Bangkok den Sieg bekannt Foto: Wason Wanichakorn/dpa

BANGKOK taz | In Thailand hat die Opposition die Wahl vom 14. Mai gewonnen. Die Thailänder stimmten mit großer Mehrheit für eine demokratische Zukunft. Das vorläufige Ergebnis der Wahl ist eine klare Abfuhr an die fast ein Jahrzehnt währende Herrschaft des Militärs und der konservativen Elite.

Als „Sensation“ kommentierte Pita Limjaroenrat, der junge, charismatische Vorsitzende von Move Forward am Wahlabend den Sieg seiner Partei. Move Foward wurde nach dem vorläufigen Wahlergebnis mit 151 Sitzen stärkste Partei. Die als sicherer Wahlsieger gehandelte Partei Pheu Thai des Clans des gestürzten und im Exil lebenden Millionärs Thaksin Shinawatra bekam mit 141 Sitzen den zweiten Platz. In der thailändischen Hauptstadt Bangkok gewann Move Forward 32 der 33 Wahlkreise.

Mit seinen 42 Jahren hat der Unternehmer Limjaroenrat Chancen, jüngster Premierminister Thailands zu werden. Der Weg dahin ist aber trotz des Wahlsiegs schwierig und ungewiss. Dank einer nach dem Putsch vom Jahr 2014 von der Junta maßgeschneiderten Verfassung könnten sich die militärnahen Parteien trotz ihrer krachenden Niederlage aber die Macht halten.

Der Premierminister wird auf Grundlage der Verfassung gemeinsam von den 500 gewählten Abgeordneten des Repräsentantenhauses sowie den 250 von der Junta ernannten Senatsmitgliedern gewählt.

Die Partei Move Forward braucht nun Partner

Den Parteien des bisherigen Premierministers Prayut Chan-o-cha und seines Stellvertreters Prawit Wongsuwon, die beiden Putschgeneräle von 2014, würden somit nur 126 Stimmen im Abgeordnetenhaus für die Bildung einer Minderheitsregierung reichen.

Eine Gruppe von Akademikern um den Rechtswissenschaftler Prinya Thaewanarumitkul von der Thammasat Universität will in dieser Woche mit einer Onlinekampagne den Senat auffordern, die Parteien zu unterstützen, die die meisten Sitze im Repräsentantenhaus gewonnen haben.

Um die Mehrheit von 376 Stimmen nur im Abgeordnetenhaus zu erreichen, braucht Move Forward also Partner. Paetongtarn Shinawatra, Tochter von Thaksin Shinawatra und Spitzenkandidatin von Pheu Thai, hat bereits erklärt: „Wir können zusammenarbeiten.“ Pita kündigte an, in den nächsten Tagen mit Parteien aus dem Anti-Militär-Lager eine Vereinbarung über die Bildung einer von Move Forward geführten Koali­tion zu unterzeichnen.

Reform der Majestätsbeleidigungsgesetze in Sicht

Move Forward hat sich als einzige Partei der Reform der Majestätsbeleidigungsgesetze sowie der vom Militär diktierten Verfassung und der Abschaffung der Wehrpflicht verpflichtet. Damit befindet sie sich auf direktem Konfrontationskurs mit der mächtigen royalistisch-militärischen Elite des Königreichs. Der noch amtierende Premierminister Prayut hat im Wahlkampf vor einer Reform der Majestätsgesetze eindringlich gewarnt und Armeechef Narongpan Jittkaewtae kurz vor der Wahl erklärt, das Militär betreffende Entscheidungen alleine Sache des Militärs seien.

Mit genau diesem Programm hatte bei der letzten Wahl 2019 ihre Vorgängerin Future Foward aus dem Stand 88 Sitze gewonnen. Die Elite nutzte nach der Wahl ihre Macht, um Future Forward aufzulösen und ihren charismatischen Gründer Thanatorn Juangroongruangkit mit einem Politikverbot zu belegen.

Bis zur Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses durch die Wahlkommission werden Wochen vergehen

Die jetzige Wahl war die erste seit den Jugendprotesten 2020, die Thailands politischen Diskurs durch die Forderung demokratischer Reformen, einschließlich der Monarchien, grundlegend veränderten. Die Monarchie aber offen zu kritisieren war bis dahin ein absolutes Tabu. Die vom Militär gestützte Regierung von Prayuth ließ mehr als 200 junge Leute wegen Beleidigung der Monarchie anklagen. Menschenrechtler werfen Prayuth vor, den Majestätsbeleidigungsparagrafen 112 zur Unterdrückung von Dissens zu instrumentalisieren.

Bis zur Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses durch die Wahlkommission werden Wochen vergehen. Schon schwirrt das Gerücht durch Bangkok, Move Forward könnte das Schicksal ihrer Vorgängerin Future Forward erleiden und durch Gerichte aufgelöst werden. Auch von einem weiteren Putsch ist die Rede.

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