Fruchtbarkeit in Böden: Was Pflanzen wirklich brauchen

Nicht der Dünger macht das Bodenleben reich. Vielmehr sorgen Stallmist, schonende Bearbeitung und Mischkulturen für gut versorgte Pflanzen.

Stallmist

Kunstdünger ist praktisch, doch dadurch bilden Pflanzen viel weniger Wurzeln. Dann lieber Misthaufen Foto: Wagner/imago

Wer düngt, versorgt seine Tomaten mit Nährstoffen – so die landläufige Vorstellung. Tatsächlich ist die Sache komplizierter. Viele Stoffe können die Pflanzen besser aufnehmen, wenn sie von vielfältigen Mikroorganismen unterstützt werden. Ein guter Dünger sorgt dafür, dass sich das Bodenleben wohlfühlt und in der Lage ist herbeizuschaffen, was die Pflanzen brauchen.

Das Julius Kühn-Institut in Quedlinburg erforscht an verschiedenen Standorten in Langzeitversuchen, wie sich das Leben in landwirtschaftlichen Flächen entwickelt. Dabei entdeckten die For­sche­r*in­nen in den vergangenen Jahren ständig neue Bakterien. Die bilden zusammen mit Pilzen und Algen Lebensgemeinschaften und docken sich als sogenannte Biofilme an Pflanzen an. Die sogenannte Rhizosphäre befindet sich bei Pflanzen im Wurzelwerk und seiner Umgebung.

In 1 Gramm Erde leben bis zu 100 Millionen Bakterien, etwa 4.000 bis 7.000 verschiedene Arten. Bis vor Kurzem war ein Großteil unbekannt, denn nur die wenigsten lassen sich im Labor vermehren und anschließend untersuchen. Erst die DNA-Sequenzierung in Hochgeschwindigkeit hat neue Fenster der Erkenntnis aufgestoßen.

Mit ihren Ausscheidungen locken Pflanzen gezielt Mikroben an, aber auch Mykorrhiza-Pilze, die beispielsweise Kali und Phosphor aus den mineralischen Bestandteilen des Bodens lösen. Umgekehrt erhalten die Mikroben dafür Kohlenhydrate, die sie nicht selbst herstellen können, weil sie unter der Erde kein Sonnenlicht bekommen.

Todesspirale für Humus

Die feinen Wurzelhaare von Pflanzen erreichen zusammengerechnet eine enorm große Oberfläche und bieten dadurch viele Kontakt- und Austauschstellen. Auch in und an den oberirdischen Teilen der Pflanze siedeln vielfältige Mikroorganismen. Sie helfen, Krankheitserreger und Fressfeinde abzuwehren und liefern Anti-Stress-Hormone.

Kunstdünger in Form von Kügelchen oder Pulver auszubringen ist zwar praktisch und kann den Pflanzen Nährstoffe zuführen. Doch weil sie sich nun nicht darum bemühen müssen, bilden sie viel weniger Wurzeln und versorgen Mykorrhiza-Pilze und andere Bodenlebewesen kaum noch mit.

Die müssen hungern, viele verabschieden sich. Auch tiefes Pflügen, Bodenverdichtung, Monokulturen und Pestizide setzen der Wohngemeinschaft im Boden zu. So entsteht eine Negativspirale, bei der immer mehr Humus und lebendige Vielfalt von den Feldern verschwinden. Gehen Schlüsselarten verloren, können Ökosysteme zusammenbrechen. Dagegen stärken Stallmist, schonende Bodenbearbeitung, Mischkulturen und eine erweiterte Fruchtfolge das Mikrobiom, den Humusaufbau und damit die Fruchtbarkeit des Bodens.

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