Deutscher Auftritt bei der Eishockey-WM: Eine Menge Mentalität im Team

Bei der Eishockey-WM spielt keiner gern gegen die Deutschen. Die Mannschaft überzeugt als Kollektiv. Gegner im Viertelfinale ist die Schweiz.

Zweikampf bei der Eishockey-WM

Der Einsatz stimmt: Fabio Wagner (2. v.r.) im Spiel gegen Frankreich in Pucknähe Foto: Kalle Parkkinen/imago

Bevor Harold Kreis im Frühjahr Eishockey-Bundestrainer wurde, fand er ein paar fast poetische Worte für den neuen Job. Der 64-Jährige nannte ihn „eine großartige Aufgabe im Winter meiner Karriere“ und setzte für seine erste Bewährungsprobe, die WM in Tampere und Riga, die Viertelfinalteilnahme als Ziel.

Der Winter scheint eine gute Jahreszeit für ihn zu sein. Sein Team hat die Vorgabe erfüllt, es spielt am Donnerstag in Riga (15.20 Uhr, bei Sport 1 und Magenta Sport) gegen die Schweiz um den Halbfinaleinzug. Kreis, sonst eher ein nüchterner Coach, stellte fast euphorisch fest: „Die Schweizer werden das Spiel bestimmt nicht diktieren. Wir werden schon auf Augenhöhe gegen sie antreten.“

Die Eidgenossen erspielten sich zwar durch fast makellose Auftritte in der WM-Vorrunde und Platz eins in der Gruppe B den inoffiziellen Titel eines „weißen Balletts“, und sie haben eine größere Kadertiefe als die DEB-Auswahl, doch auch diese verdiente sich auf ihrem holprigeren Weg ins Viertelfinale sehr gute B-Noten.

Den Start ins WM-Turnier mit den knappen Niederlagen gegen Schweden, Finnland und die USA beantworteten die deutschen Spieler nicht etwa mit Depression, sondern mit Coolness und souveränen Siegen gegen Dänemark, Österreich, Ungarn und Frankreich. „Von Spiel zu Spiel sind sie mit dem Druck souveräner umgegangen, ich bin stolz auf die Jungs, es freut mich für sie“, sagte Kreis.

Maximale Bereitschaft

Überhaupt kann der Übergang von Toni Söderholm, der von 2018 bis 2022 Bundestrainer war, zu Kreis bereits als gelungen gewertet werden: Die DEB-Spieler zeigten bei ihren WM-Auftritten in Tampere, dass sie zu Recht „Mentalmonster“ genannt werden. „Old School“ im positiven Sinne, treten sie ein wenig so auf wie deutsche Fußballnationalmannschaften früherer Zeiten: Sie gewinnen nicht unbedingt, weil sie die besten Individualisten haben, sondern das bessere Kollektiv. „Als Deutschland muss man immer über die geschlossene Mannschaftsleistung kommen“, sagte Kapitän Moritz Müller von den Kölner Haien unlängst. Dazu gehört die maximale Bereitschaft, bis zur letzten Minute zu ackern und sich auch spielerisch überlegenen Gegnern mutig in den Weg zu stellen.

Allerdings sind sie weit davon entfernt, über das Eis zu rumpeln. Positiv fällt auf, dass die DEB-Mannschaft, anders als noch vor einigen Jahren, kein Problem mehr damit hat, hohes Tempo zu gehen. Sie spielt auch ansprechendes Powerplay und liegt mit einer Scoring-Effizienz von fast 14 Prozent an der Spitze der Turnierstatistik. Jungstar JJ Peterka gehört mit neun Punkten zu den besten WM-Scorern der Vorrunde. Die Defensive um Kai Wissmann, der acht Scorerpunkte sammelte, Leon Gawanke und Moritz Seidler ist international konkurrenzfähig. So kann es die Mannschaft verkraften, dass NHL-Star Leon Draisaitl aus Edmonton nicht dabei ist und auch der für Ottawa stürmende Tim Stützle fehlt.

Und nun geht es also gegen die Schweiz – ausgerechnet, muss man sagen. Als die DEB-Auswahl 2021 und 2010 im WM-Viertelfinale auf die Eidgenossen traf, gewann sie die Duelle jeweils knapp. Vor zwei Jahren fand das Viertelfinale ebenfalls in Riga statt – wegen Corona noch ohne Zuschauer. Damals schoss der Berliner Marcel Noebels den Siegtreffer zum 3:2 im Penaltyschießen – mit einem sogenannten Forsberg-Trick: Per Vorhand täuschte er den Schuss an und schob den Puck nach einer Bewegung mit der Rückhand ins Tor. „Es gibt aus den Spielen gegen die Schweiz aus der Vergangenheit viele schöne Momente, aber die Jungs haben Bock auf eine neue Geschichte“, sagte Noebels – und fügte frech hinzu: „Ich freue mich auf das Spiel und glaube nicht, dass die Schweizer sich auch freuen.“

Kreis hat ebenfalls seine Schweiz-Geschichte, er war nicht nur Vereinstrainer in Lugano und Zürich, sondern auch als Assistent des damaligen Auswahlcoaches Uwe Krupp an der Bande, als die Nationalmannschaft 2010 in Mannheim das Viertelfinale mit 1:0 gewann. Und wer weiß, wie weit Kreis 2023, im Winter seiner Karriere, noch kommen kann?

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