Comeback in der WNBA: Aktivistin zurück am Ball

Brittney Griner spielt nach langer Haft in Russland wieder Basketball. Von ihren Fans wird sie gefeiert – das konservative Amerika hasst sie.

Brittney Griner mit zwei gegnerischen basketballerinnen unter dem Korb

Zurück am Ball: Brittney Griner Foto: dpa

So sieht dann wohl ein klassischer Fehlstart in die neue Saison aus: zwei Spiele, zwei Niederlagen. Doch auch wenn es für Phoenix Mercury zu Beginn der neuen Spielzeit in der Women’s National Basketball Association (WNBA) nicht eben rund läuft, spricht niemand über taktische Defizite, werden keine Krisensitzungen anberaumt oder gar Cheftrainerin Vanessa Nygaard in Frage gestellt. Nein, in Phoenix ticken die Uhren gerade anders, und das liegt an Brittney Griner.

Die Rückkehr der Basketballerin, die zehn Monate in Russland inhaftiert war, hat ein paar Gesetze des Profisports außer Kraft gesetzt. Statt wegen der Pleiten zu buhen, wird in Phoenix jeder Korb, der Griner nach 579 Tagen WNBA-Pause gelingt, lauthals bejubelt.

Die Verantwortlichen müssen nach dem Spiel nicht die Gründe für die ­Niederlage analysieren, sondern allein die Leistung der 32-jährigen Rückkehrerin. Und Griner selbst muss nicht über verpasste Korb­leger sprechen, sondern etwa darüber, ob sie beim Hören der Nationalhymne die Tränen zurückhalten konnte.

Umstrittene Aktivistin

Der Austausch von Griner im vergangenen Dezember gegen den russischen Waffenhändler Wiktor But, den sogenannten Händler des Todes, war nicht unumstritten in den USA. Gerade in rechten Kreisen ist Griner als offen homosexuell lebende Frau, die sich für Black Lives Matter und LGBTQ-Rechte engagiert und für den Besitz von Haschischöl in Russland verhaftet wurde, nicht eben beliebt.

Demonstrativ tauchte Kamala Harris in Los Angeles auf, wo Griner mit Phoenix zum Saisonauftakt bei den Sparks antrat. Die Vizepräsidentin, die eine zentrale Rolle gespielt hatte bei dem Gefangenenaustausch, besuchte beide Teams in der Kabine und umarmte Griner, die das „großartig“ fand: „Es war schön, mit ihr von Angesicht zu Angesicht reden und sich bedanken zu können.“

Zwei Tage später folgte das erste Heimspiel – und die zweite Niederlage, aber auch die war herzlich egal. 14.040 Fans waren gekommen – so viele wie seit 1998 nicht mehr, um die Heimkehr der US-Nationalspielerin, die seit 2013 für Phoenix spielt, zu bejubeln. Die Zeremonien vor dem Tip­off dauerten fast länger als das Spiel: Filme wurden gezeigt, Reden gehalten, eine Poetry-Slammerin trug ein eigens verfasstes Gedicht vor, Umarmungen, Tränen, Danksagungen. Die für ihre trockene Art bekannte Griner „war dann doch ganz schön gerührt“.

Im Spiel lief es gut für sie mit 27 Punkten, zehn Rebounds und vier Blocks. Die lange Zeit im Gefängnis, wo sie nicht trainieren konnte, war ihr deutlich anzusehen. Der Centerspielerin fehlte es an der gewohnten Beweglichkeit, aber sie konnte ihre Größe von 2,06 Meter unter dem Korb ausspielen und traf recht sicher aus der Halbdistanz. „Bis Mitte Juli möchte ich wieder fit genug sein, 40 Minuten zu spielen“, hofft Griner.

Sicherheitsrisiko Griner

Auch jenseits des Spielfeldes scheint Griner fast schon wieder die Alte zu sein – und hat gleich mal wieder eine Kontroverse losgetreten. Bei einer Pressekonferenz vor der Saison äußerte sie sich zur in den USA gerade ausgetragenen Debatte, ob Transgender-Personen, die biologisch noch Männer sind, in Frauen-Wettbewerben antreten sollen dürfen.

„Jeder hat das Recht, in jedem Sport anzutreten“, sagte Griner. Die von der Republikanischen Partei angestrebte Abschaffung der Title-IX-Gesetzgebung, die genderspezifische Diskrimierung verhindern soll, sieht die Basketballerin als „einen Angriff auf Transmenschen“ und deren Recht „zu sein, was sie sind“.

Auf Social Media und in en Kommentarspalten einschlägiger Medien wurde Griner als „Verräterin“, „Drogendealerin“ und Schlimmeres beschimpft. Schon vor dem Start in die neue Spielzeit hatte die WNBA spezielle Sicherheitsvorkehrungen für die Spiele von Phoenix Mercury getroffen angekündigt. Vor allem bei den Auswärtsspielen wird das Team von Griner ausdrücklich beschützt, erklärte Liga-Chefin Cathy Engelbert: „Wir werden unsere Vorkehrungen regelmäßig den Gegebenheiten anpassen.“

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