Neue Musik aus Berlin: Klangerzeuger und Sirenen

Drone-Töne, Unterholz, Metall: Zsolt Sőrés entlockt der Neuen Musik organische, melancholische Noten. All das gibt es nun live in der daadgalerie.

Zsolt Sőrés steht auf einer Bühne vor einem Tisch. Vor ihm liegt eine Bratsche zwischen mehreren Kabeln. Auf ihr lehnt ein Bogen, über den Sőrés mit einem zweiten Bogen streicht.

Weiß der Bratsche eine extra Saite hinzuzufügen: Zsolt Sőrés Foto: Eunice Maurice

Zu den tollen Momenten Neuer Musik gehört, wenn sie Altes, scheinbar Abgelegtes zur Sprache bringt. Eine der beiden aktuellen Platten des mit einem DAAD-Stipendium in Berlin arbeitenden und lebenden Budapester Musikers Zsolt Sőrés beginnt mit einem geisterhaften Drone-Ton, zu dem sich wie aus dem Unterholz ein Brummen gesellt. Die Stimmung einer langgezogenen Melancholie weicht einer allmählichen Verdichtung.

Der organische Sound gerät maschinell. Metall wird geschüttelt und geschlagen, eine „tobende Ordnung“ (Antonin Artaud) entsteht. Sirenen treten auf den Plan, in ihren Gesang mischt sich teuflisches Schmatzen. Nach 21 Minuten ein kurzes Atemholen, dann meldet sich ein wahnwitziges Nebelhorn.

„Astro-Noetic Chiasm χ(Ahad’s Flux Worlds 2)“ heißt diese durchgehende Geisterbeschwörung; ihr Hexenmeister spielt eine fünfsaitige Bratsche und diverse Klangerzeuger. Gäste seiner Messe sind der Trompeter Frank Hautzinger, die Cellistinnen Anthea Caddy und Judith Hamann sowie der Livemixer Mihály Kádár.

Ahad aka Zsolt Sőrés: Nemo Point Soundmap for Terrestrial Melanoheliophobics (Ahadʼs Flux Worlds 1) & Astro-Noetic Chiasm χ (Ahad’s Flux Worlds 2), (Vinyl: Fourth Dimension Records, digital: Hinge Thunder), Live mit Nicola Hein, Sukandar Kartadinata und André Vida: 26. 5, daadgalerie, Oranienstr. 161

Zsolt Sőrés hat 2012 auf dem Sound ­Exchange Festival Chemnitz die Musik Ernő Királys, eines jugoslawisch-ungarischen Komponisten und Instrumentenbauers, der Folk und Moderne verband, präsentiert, und in den Jahren danach beispielsweise in der Brotfabrik Weißensee dystopische Filme live begleitet.

Vor Kurzem spielte Zsolt Sőrés mit Wolfgang Seidel (Ton Steine Scherben), Hilary Jeffery (Zeitkratzer) und Eleni Poulou (ehemals The Fall) in der Galiläakirche Friedrichshain bei Organza Ray. Auch das war elementar.

Live zu sehen und zu hören ist Sőrés im Rahmen der interdisziplinäre Konzertreihe „Common Ground“ beim Record Release Konzert am heutigen Freitag (26. Mai) mit Nicola Hein, Sukandar Kartadinata und André Vida in der daadgalerie in der Oranienstraße 161 um 19 Uhr.

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Robert Mießner, geboren 1973 in Berlin. Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Philosophie und Bibliothekswissenschaft. Flaniert und notiert, hört zu und schreibt auf.

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