Wenn das Windrad auf der Strecke bleibt

Die Genehmigungen der Windparks sind nicht das einzige Problem der Energiewende. Auch an Genehmigungen der Schwerlasttransporte könnte der Ausbau noch scheitern

Transport von Windrädern: Sieht kompliziert aus, doch an eine Genehmigung dafür zu kommen, ist noch komplizierter Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Von Nadine Conti

Die gute Nachricht ist: Die Anzahl an Genehmigungen für Windkraftanlagen hat deutlich angezogen. Pech ist, wenn es dann an anderer Stelle hakt. Darauf hat jetzt der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen aufmerksam gemacht. Zusammen mit Vertretern der Bauwirtschaft und Logistikbranche trommelt der LEE für einfachere und schnellere Genehmigungsverfahren bei Schwertransporten.

Denn der Transport droht zum Nadelöhr zu werden. „Wenn es bei dieser Genehmigungsgeschwindigkeit bleibt, schaffen wir den angestrebten Ausbau sicher nicht“, sagt LEE-Vorsitzende Bärbel Heidebroek auf einer Pressekonferenz am Montag in Hannover.

30.000 Megawatt an Windenergie sollen nach den Vorstellungen der Landesregierung bis 2035 bereit gestellt werden. Aktuell sind in Niedersachsen rund 6.200 Anlagen mit 12.000 Megawatt in Betrieb, die zum Teil in den kommenden Jahren durch leistungsfähigere Anlagen ersetzt werden. Nach Kalkulationen des Verbandes müssten zusätzlich 3.300 bis 4.000 Anlagen neu errichtet werden, rechnet Heidebroek vor.

Für eine einzelne moderne Anlage sind im Normalfall zehn Schwerlasttransporte notwendig – macht 33.000 bis 40.000 Transporte. Und die genehmigt zu bekommen, gleicht in jedem einzelnen Fall einem schwer zu kalkulierenden Hindernislauf.

„Die Genehmigungen müssen je nach Route bei der bundeseigenen Autobahngesellschaft, dem Land, den Landkreisen oder Kommunen beantragt werden.“ Wenn sich bei der Autobahngesellschaft die unbearbeiteten Anträge stauen, sind die Genehmigungen für die Reststrecke unter Umständen schon wieder abgelaufen.

Kürzlich berichtete das Handelsblatt, bei der Autobahngesellschaft für Nordwestdeutschland würden 15.000 unbearbeitete Anträge auf Großraum- oder Schwerlasttransporte liegen.

Schon für einen Transport innerhalb Niedersachsens, wie etwa aus dem Landkreis Nienburg nach Braunschweig, sind zehn Einzelgenehmigungen zu beantragen. Bei weiteren Strecken können es bis zu 150 Einzelgenehmigungen sein.

Wenn die Transporte Ländergrenzen überschreiten, wird es erst recht haarig, denn die Regelungen unterscheiden sich: „Wo ich in Niedersachsen mit drei Begleitfahrzeugen auskomme, benötige ich in Bremen dann schon vier oder fünf“, erläutert Holger Dechant von Gruber Logistics und Universal Transport – einem der Branchenführer in diesem Sektor.

Zwischen 30 und 300 Seiten Papier werden pro Transport notwendig, sagt Jörn Makko, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen. Bis zu sechs Wochen benötige man zur Zeit, um auch nur große Baumaschinen von A nach B zu bringen.

Dabei sei der Irrsinn mancher Regelungen mit den Händen zu greifen. So habe eine neue Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung dafür gesorgt, dass man eine neue Genehmigung braucht, selbst wenn der Transport schmaler oder leichter ausfalle. Vorher galten solche Unterschreitungen quasi als mitgenehmigt. Nachträgliche Änderungen oder Präzisierungen sind aber genauso kompliziert und langwierig wie ein neuer Antrag.

Ein anderes Beispiel: Wenn abweichend von der Ladungsbeschreibung eine Planierraupe statt eines Radladers auf dem Hänger steht, gibt das Probleme bei der Kontrolle. „Dabei ist das der Brücke doch egal, die diese Belastung aushalten muss“, sagt Makko.

Für manche Transporte braucht es bis zu 150 einzelne Genehmigungen

Überhaupt die maroden Brücken und sonstige Infrastruktur: Die zwingen die Branche immer häufiger zu großen Umwegen, weil bestimmte Strecken nicht belastbar sind. Auch davon kann Logistikunternehmer Holger Dechant ein Lied singen: Schon 2014 schaffte er es sogar in die New York Times, weil er On-Shore-Windkraftanlagen, die eigentlich nur von Cuxhaven nach Schleswig-Holstein sollten, mit der Fähre über Dänemark transportieren musste. Die Sperrung der Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal machte damals einen Umweg von 300 Kilometern notwendig.

Immerhin ist die Problematik schon auf dem Radar des Verkehrsministeriums. Bereits zu Beginn des Jahres hatte sich eine große Allianz von Verbänden aus der Bau- und Stahlindustrie, von Maschinen- und Anlagebauern bis zu Spediteuren und Logistikern, lautstark zu Wort gemeldet.

Verkehrs-Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) führte in Berlin mehrere Krisengespräche und kündigte eine deutliche Beschleunigung, Verschlankung und Standardisierung der Genehmigungsverfahren an.