Finanzielle Hilfe für Letzte Generation: Ökoworld macht Rückzieher

Der ethische Fonds-Anbieter Ökoworld wollte Geldstrafen von Klima-Aktivist:innen übernehmen. Nach Empörung hat er die Zusage nun zurückgezogen.

Menschen blockieren eine Straße

Ak­ti­vis­t:in­nen der Gruppe Letzte Generation blockieren am Donnerstag die A100 in Berlin Foto: Julius-Christian Schreiner/dpa

BERLIN taz | Die Ökoworld AG wird nun doch keine Geldstrafen und Polizeigebühren von Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation übernehmen. Alfred Platow, Vorstandsvorsitzender der Ökoworld AG, zog seine entsprechende Zusage in vollem Umfang zurück und begründete dies mit massiven öffentlichen Anfeindungen. Die Ökoworld AG vertreibt „ethisch-ökologische“ Investmentfonds, die „nicht renditemaximiert“ sind.

Am vorigen Wochenende hatte Platow unter der Überschrift „Kleben fürs Klima ohne Strafe!“ eine große Annonce in der taz geschaltet: „Nach Zahlung der Strafe durch die ‚Täterinnen und Täter‘ übernimmt die Ökoworld die Gebühren zu 100 % und überweist das Geld auf das jeweilige Privatkonto“, hieß es dort.

Nach einer missverständlichen Pressemitteilung des Unternehmens am Dienstag war zunächst unklar, ob die Ökoworld AG wirklich gerichtlich verhängte Geldstrafen übernehmen will oder nur Gebühren für Polizeieinsätze. Die Letzte Generation, mit der die Kostenübernahme vorab abgesprochen war, ging aber davon aus, dass Ökoworld für beides aufkommt. Ökoworld wolle „Strafen und Gebührenbescheide zu 100 % übernehmen“, hieß es in einer Pressemitteilung der Klima-Aktivist:innen vom Mittwoch. Ökoworld selbst antwortete zunächst nicht auf Anfragen.

Am späten Donnerstagnachmittag kam dann die überraschende Wende. Platow zog seine Zusage zurück, um Schaden vom Unternehmen und seinen Mitarbeitern abzuwenden. „Mit Kritik hatte ich gerechnet, allerdings nicht in diesem emotionalen Ausmaß“, erläuterte er. Dabei sei es nicht mehr um Klimaschutz gegangen, sondern fast nur noch „um das Thema der Strafen und Gebühren sowie um mögliche Anstiftung zu Straftaten“.

Ak­ti­vis­t:in­nen nun mit Privatvermögen unterstützt

Nachträglich erklärte Platow seine Ankündigung nun für „nicht angemessen“. Außerdem betonte er: „Es war oder ist in keiner Weise meine Intention, zu Straftaten anzustiften, einen Freibrief für Straftaten auszustellen oder das Gesetz zu relativieren.“

Stattdessen will Platow nun aus seinem eigenen Privatvermögen mit Unterstützung von anderen Privatpersonen 20.000 Euro an den Umwelt-Treuhandsfonds überweisen. Dieser Fonds unterstützt Ak­ti­vis­t:in­nen vor allem mit Rechtsrat, kann in Einzelfällen aber auch Geldstrafen und Bußgelder übernehmen. Diese Spende werde von der Ökoworld AG weder mit Firmengeldern noch mit Geldern der Fondsvermögen unterstützt, versicherte Platow.

Gegen Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation wurden in den vergangenen Monaten schon hunderte Geldstrafen verhängt. Nur in einer Handvoll Fälle kam es zu Freisprüchen. Nach der ursprünglichen Ankündigung hätte die Ökoworld AG allein für die bisherigen Aktionen wohl eine Summe von einigen Zehntausend Euro an Geldstrafen übernehmen müssen.

Rechtliche Probleme hätte das nicht verursacht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 1990 nach langer Diskussion entschieden, dass es nicht als „Strafvereitelung“ strafbar ist, fremde Geldstrafen zu begleichen oder zu erstatten. Zwar sei eine Geldstrafe durchaus persönlich gemeint und die Bezahlung durch andere gefährde massiv den Strafzweck. Strafbar wäre aber allenfalls die Bezahlung einer noch offenen Geldstrafe.

Bezahlen fremder Geldstrafen ist legal

Bei der nachträglichen Erstattung einer Geldstrafe sei dagegen die Vollstreckung der Strafe nicht mehr gefährdet, weil der Täter ja bereits gezahlt hat, sagt der BGH. Es könnte also nur derjenige wegen Strafvereitelung verurteilt werden, der zu „ungeschickt“ ist, um die Bezahlung einer fremden Geldstrafe richtig zu etikettieren. Deshalb hat der BGH das Bezahlen fremder Geldstrafen generell für legal erklärt.

Die Staatsanwaltschaft Berlin sah in der Ankündigung von Ökoworld auch keine strafbare „Anstiftung“ zu künftigen Straftaten. Die Bereitschaft, Kosten zu übernehmen, sei eher abstrakt und beziehe sich nicht auf ganz konkrete Straßenblockaden, hieß es auf Anfrage.

Damit hatten die Ökoworld AG und ihr Chef Platow zunächst also strafrechtlich nichts zu befürchten. Es war vor allem der massive öffentliche Druck, der bei Platow zum Umdenken führte.

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