Indymedia-Verweis bei Radio Dreyeckland: Nach dem Hyperlink

Weil Radio Dreyeckland zu Indymedia-Linksunten verlinkt hatte, klagte die Staatsanwaltschaft. Das hat ein Gericht nun beendet.

Eingangstür zum Studio von Radio Dreyeckland

Eingang zum Studio Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

KARLSRUHE taz | Das Landgericht Karlsruhe hat die Anklage gegen Fabian Kienert, Redakteur von Radio Dreyeckland, nicht zugelassen. Er habe sich in keiner Weise strafbar gemacht, so das Gericht. Er bekommt nun eine Entschädigung für die erlittene Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme von Datenträgern. Der 40-seitige Beschluss liegt der taz vor.

Kienert hatte auf der Homepage des Freiburger Alternativsenders im Juli 2022 einen Artikel veröffentlicht, in dem es um die seit 2017 verbotene linksradikale Plattform linksunten.indymedia ging. Damals war ein Ermittlungsverfahren gegen die mutmaßlichen Freiburger Ma­che­r:in­nen der Webseite eingestellt worden. Am Ende von Kienerts Artikels stand der lapidare Satz: „Im Internet findet sich linksunten.indymedia.org als Archivseite.“ Dabei war die Archivseite auch verlinkt.

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe sah in diesem Link eine Straftat und ließ im Januar die Wohnungen von Kienert und einem weiteren Redakteur durchsuchen. Eine Durchsuchung der Redaktionsräume konnte Kienert verhindern, indem er versicherte, dass er den Artikel, der mit seinem Kürzel gekennzeichnet war, wirklich selbst geschrieben hatte.

Ende April erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Kienert. Er habe durch den Link die Fortführung einer verbotenen Vereinigung unterstützt. Er habe quasi „als Sprachrohr“ der verbotenen Vereinigung fungiert und deren Propaganda verbreitet.

Ein Internet-Archiv sei keine Vereinigung

Das Landgericht Karlsruhe ließ von der Anklage nun nichts übrig. Die Richter lehnten „aus rechtlichen Gründen“ die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab. Es liege keine Straftat vor.

So fehle es schon an einer Vereinigung, die Kienert hätte unterstützen können. Die Staatsanwaltschaft habe nicht belegen können, dass die Personen, die einst die Seite linksunten.indymedia betrieben, als Verein weiter aktiv sind. Wenn es aber keine Vereinigung mehr gibt, dann kann sie auch nicht unterstützt werden, so das Landgericht. Ein bloßes Internet-Archiv sei keine Vereinigung.

Doch selbst wenn es noch eine fortgeführte Vereinigung gäbe, hätte Kienert sie durch seinen Link nicht in strafbarer Weise unterstützt. Der Link könne schwerlich als Werbung oder Fürsprache aufgefasst werden, so die Richter. Der letzte Satz von Kienerts Artikel werde vom verständigen Durchschnittsleser eher als neutraler Hinweis verstanden.

Zwar sei Kienerts Artikel eindeutig kritisch gegenüber dem Verbot von linksunten.indymedia. Derartige Kritik sei aber von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt, so das Landgericht.

Die Staatsanwaltschaft kann in den nächsten sieben Tagen noch Beschwerde beim Oberlandesgericht Stuttgart einlegen. Sie will aber zunächst den Beschluss des Landgerichts prüfen.

Rechtsanwältin Angela Furmaniak, die Verteidigerin von Kienert, freute sich über den Karlsruher Beschluss: „Kritik an staatlichem Handeln ist die grundlegende Aufgabe der Presse und darf nicht durch eine politisch motivierte Strafverfolgung ausgehebelt werden.“

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