Bauruine am Berliner Alexanderplatz: Wer andern eine Grube gräbt

Vertragsstrafe, Zwangsvollstreckung, Rückabwicklung: Am Alexanderplatz wird es ungemütlich für den Moskauer Investor Monarch.

Die mit einer Plane abgedeckte Monarch-Baustelle am Alexa

Die mit einer Plane abgedeckte Monarch-Baustelle am Alexa Foto: Jürgen Held/imago

BERLIN taz | Noch vor einem Jahr hatte der Investor den Senat beschwichtigen können. „Wenn sich Bauzeitverzögerungen ergeben, für die der Auftraggeber nichts kann, gucken wir sehr gelassen zu“, sagte Berlins Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt bei einer Baustellenbesichtigung am Alexanderplatz. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hatten die Bauarbeiten für das 150 Meter hohe Wohnhochhaus des Moskauer Investors Monarch neben dem Einkaufszentrum Alexa wochenlang geruht. Doch die Bauleiterin versprach im Sommer 2022, dass es von nun an „in einem Zug weitergehen“ solle.

Inzwischen ist die Baustelle eingemottet. Seit Dezember vergangenen Jahres wurde am „Alexander Berlin Capital Tower“ von Monarch nicht weitergearbeitet. Auch auf der Website der Monarch-Group ist der ABC-Tower mit seinen 35 Stockwerken nicht mehr aufgelistet.

Die Grünen befürchten deshalb, dass am Alex eine „Pleitebaustelle“ und eine „Bauruine“ entstehen könnte. „Berlin darf diesen Stillstand nicht billigen“, betont der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Julian Schwarze, der taz. „Es geht nun darum, die richtigen Schritte einzuleiten.“ Für Schwarze heißt das, Berlin solle den Kaufvertrag mit dem Investor rückabwickeln.

Bereits im April war dem damaligen Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) der Geduldsfaden gerissen. „Das Land Berlin möchte dort keine Bau- und Investitionsruine“, hatte Wesener dem RBB gesagt. „Um das zu gewährleisten, haben wir jetzt auch eine Vertragsstrafe ausgesprochen.“ 5 Millionen Euro muss Monarch zahlen, weil der Investor gegen das im Kaufvertrag mit dem Land Berlin verankerte Baugebot verstoßen habe. Falls das Geld nicht fließt, kündigte Wesener eine Zwangsvollstreckung gegenüber dem Investor an.

Beteiligte halten sich bedeckt

Zum Stand des Verfahrens halten sich die Beteiligten bedeckt. Ein Sprecher des neuen Finanzsenators Stefan Evers (CDU) verweist auf die Berliner Immobilien Management GmbH BIM. Die wiederum lässt mitteilen, „dass wir zum jetzigen Zeitpunkt dazu keine Aussage machen“. Nach Informationen der taz ist das Vollstreckungsverfahren allerdings eingeleitet worden.

Julian Schwarze, Grüne

„Das Land Berlin sollte nicht vor einem Rückkauf des Grundstückes zurückschrecken“

Zu den Gründen für den Baustopp äußerte sich gegenüber dem RBB der Anwalt des Investors, Detlev Stoeker. „Wir sind der Auffassung, dass die Verzögerungen im Bauablauf, die die Vertragsstrafe triggern, nicht von uns verschuldet sind, sondern auf der geopolitischen Lage beruhen.“ Weil wegen der EU-Sanktionen der Investor sein Geld nicht nach Deutschland transferieren könne, suche man nun einen Co-Investor, so Stoeker.

Signa baut Ausgerechnet bei Signa läuft es nach Plan. Der Firma des österreichischen Milliardärs René Benko gehört nicht nur Galeria Kaufhof am Alexanderplatz. Zur Karl-Liebknecht-Straße hin entsteht auch ein 134 Meter hohes Hochhaus, das 2025 fertig sein soll. Für den Bau nach den Entwürfen des Büros Kleihues + Kleihues war ein Teilabriss des bestehenden Kaufhof-Gebäudes notwendig.

Hohes von Covivio und Hines 10 Millionen Euro kostet den französischen Investor Covivio die Reparatur des U2-Tunnels. Wenn sie bis Ende August abgeschlossen ist, wird sich der Bau des 130 Meter hohen Turms um ein Jahr verzögert haben. Er soll dann 2026 fertig sein. Noch ist unklar, wann der Bau des Turms von Hines am Saturn-Gebäude startet. Es ist noch nicht einmal klar, ob er 150 Meter oder nur noch 130 Meter hoch sein wird. Derzeit werden die Pläne überarbeitet, weil der Investor aus Texas doch weniger Wohnungen und mehr Büros bauen will. Immerhin haben BVG und Hines einen Vertrag geschlossen, der die Schadensersatzverpflichtung regelt, falls es beim Bau zu Schäden an der U-Bahn kommt. (wera)

So lange will Julian Schwarze nicht warten. „Das Land Berlin sollte nicht vor einem Rückkauf des Grundstückes zurückschrecken“, sagt der Grünen-Politiker der taz. Dafür müsse man sich eigene Partner suchen, etwa landeseigene Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Die sollten dann aber nicht die bisherigen Hochhauspläne – nun mit dem Land Berlin als Bauherr – weiterverfolgen, sondern eigene Lösungen finden. „Ein Wohnhochhaus wäre für die landeseigenen Unternehmen viel zu teuer“, so Schwarze.

Bis ein neues Vorhaben Gestalt annimmt, könne die eingemottete Baustelle zwischengenutzt werden, schlägt Schwarze außerdem vor. Welche Nutzungen das im Einzelnen sein sollen, will er nicht sagen. „Aber in Berlin gibt es viele Leute mit guten Ideen.“

Auch Berlins Finanzsenator Evers ist einem Rückkauf gegenüber offenbar nicht abgeneigt. Man prüfe nach wie vor, den Grundstücksverkauf rückabzuwickeln, so ein Sprecher.

Ganz anders sieht das die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Die Priorität liegt auf der Fertigstellung des Hochhausbauvorhabens“, teilt der Sprecher von SPD-Bausenator Christian Gaebler, Martin Pallgen, mit. „Insoweit unterstützen wir prinzipiell alle Maßnahmen, die diesem Ziel dienlich sind.“

Bereits vor einem Jahr hatte sich die Senatsbaudirektorin ähnlich geäußert. „Verzögerungen in einem verträglichen Rahmen“ könne man akzeptieren, sagte Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt bei ihrer Baustellenbesichtigung am Alexanderplatz. Sie sprach in diesem Zusammenhang von Verzögerungen von einem bis anderthalb Jahren.

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