Vorerst abgewendeter Bahnstreik: Lieber verhandeln statt streiken

Ein Bahnstreik ist vorerst abgewendet. Trotzdem wird es Einschränkungen im Bahnverkehr geben. Denn der Tarifkonflikt ist noch längst nicht gelöst.

Zwei Züge stehen in der nähe des Frankfurter Hauptbahnhofs auf den Gleisen

Stillstand nur zur Wartung, Bahnstreik fällt vorerst aus Foto: Michael Probst/ap

BERLIN taz | Auch wenn die Bahner und Bahnerinnen die Arbeit nicht niederlegen, wird es nach Angaben der Deutschen Bahn (DB) in den kommenden Tagen zu Einschränkungen im Zugverkehr kommen. „Am Montag werden rund zwei Drittel der geplanten Züge verkehren“, teilte die DB mit. Ab Dienstag würden dann alle ICE und IC-Verbindungen wieder aufgenommen. Auch im Regionalverkehr werde es regional Einschränkungen und Zugausfälle geben.

Grund sind die bereits getroffenen Vorbereitungen für den angekündigten Streik, der Sonntagabend hätte beginnen sollen und erst Dienstag wieder beendet sein sollte. Auch wenn der Streik abgewendet wurde, müssen beispielsweise praktisch über Nacht für viele Züge neue Personalpläne erstellt und das betreffende Personal muss darüber informiert werden.

Auch die digitalen Informationssysteme wurden bereits auf den ruhenden Verkehr eingestellt. Sie müssen nun wieder die Verfügbarkeit der Tausenden täglich fahrenden Züge anzeigen. Auch wurden den nicht streikenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für Montag und Dienstag Weiterbildungskurse angeraten. Auch sie müssen nun wieder umplanen.

Die Tarifauseinandersetzung bei den Bahnen geht in die nächste Runde. Die DB und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben den drohenden zweitägigen Streik erst einmal durch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht in Frankfurt am Main verhindert. Nun soll es schnell zu Verhandlungen für die rund 180.000 Tarifbeschäftigten des Branchenführers kommen.

Streikgefahr nicht dauerhaft gebannt

Das bedeutet aber noch nicht, dass die Streikgefahr dauerhaft gebannt ist. „Ab Mittwoch ist wieder alles offen und möglich“, stellte die Gewerkschaft anschließend klar. Bei dem Vergleich ging es um die zentrale Frage dieser Tarifrunde: den Umgang mit den etwa 2.000 Beschäftigten an der Mindestlohngrenze. Bisher erreichen sie einen Stundenlohn von 12 Euro nur durch eine entsprechende Zulage.

Die EVG fordert eine sogenannte tabellenwirksame Festschreibung des Mindestlohns als Grundlage für den dann folgenden Lohnabschluss. Würde sie sich darin mit ihrer Forderung nach einem Mindestbetrag von 650 Euro durchsetzen, kommen Reinigungskräfte oder das Sicherheits­personal auf einen Schlag auf mehr als 16 Euro in der Stunde.

Einen solchen Sprung wollen die Arbeitgeber aber verhindern. Die DB hat sich nach langem Zögern in der vergangenen Woche bereiterklärt, den Mindestlohn als unterste Stufe in die Tabelle zu schreiben. „Der Arbeitgeber hat vor Gericht unmissverständlich erklärt, dass er unsere Forderungen zum Mindestlohn erfüllt“, sagt EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch. In der Erklärung der Arbeitgeber ist lediglich davon die Rede, dass diese Frage Teil der Lösung des Konflikts sei. Ein echter Durchbruch klingt aber anders.

Bahnpersonal kann mit höherem Einkommen rechnen

Eine Chance auf Fortschritte gibt es in der übernächsten Woche. Am 23. und 24. Mai steht die nächste Verhandlungsrunde bei der DB auf dem Programm. Bis dahin befasst sich die Gewerkschaft auch noch mit den anderen Arbeitgebern der Branche. Derzeit laufen parallel Gespräche für 50 Unternehmen, die zusammen weitere 50.000 Personen beschäftigen. Bei einigen der meist kleinen Bahnen im Nahverkehr gilt der Streikaufruf auch weiter. Einige wenige wiederum wurden von vornherein davon ausgenommen, weil bereits verhandlungsfähige Angebote vorlagen. Allerdings wird die Situation durch diese Gemengelage weiter verkompliziert.

Am Ende – so zeichnet sich bereits ab – wird es zu einem deutlichen Einkommenszuwachs beim Bahnpersonal kommen. Die EVG fordert einen Mindestbetrag von 650 Euro oder ein Plus von 12 Prozent. Die Deutsche Bahn bietet einen Inflationsausgleich in Höhe von 2.850 Euro sowie 10 Prozent mehr Lohn in den unteren Lohngruppen und 8 Prozent für die Besserverdienenden an.

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