Angriff auf Schwarze trans Frau in Köln: Vorfall mit politischer Dimension

Wer ist in der queeren Community in Köln willkommen? Nach dem Angriff auf eine Schwarze trans Frau wird wegen schwerer Körperverletzung ermittelt.

Bunt Lichter in der Nacht

Nächtliche Lichter in der Kölner Schaafenstraße Foto: Roberto Pfeil/picture alliance

BERLIN taz | Es hätte eine Partynacht wie jede andere sein können, auf der Schaafenstraße, dem queeren Szeneviertel in Köln. Doch für Sofia J., die dort mit ihren Freun­d*in­nen am 10. April feiern war, endete die Nacht im Krankenhaus. Denn die Schwarze trans Frau, die aus dem Sudan nach Deutschland geflohen ist, wurde mutmaßlich von Securitypersonal angegriffen und transfeindlich beleidigt.

Gegen drei Uhr morgens sei sie mit ihren Freun­d*in­nen aus der Bar „Nachteule“ gekommen, erzählt Sofia J. auf ihrem Instagram-Kanal. Als sie ein Uber rufen wollte, habe sie ein Security-Mitarbeiter aufgefordert, die Straße zu verlassen. Sie habe nicht verstanden, warum sie gehen sollte, sie habe ja auf einer öffentlichen Straße gestanden. Wenige Sekunden später sah sie weitere Securitys auf sich zukommen, sei geboxt und getreten worden. Auch der Besitzer der Nachteule sei dabei gewesen.

Als sie versuchte, sich zu wehren, habe man sie gewürgt und zu Boden geworfen. Sofia J. habe gehört, wie einer: „Lass mich diese Transe schlagen“ rief. Ihre Brust-Aufbau-OP war zu dem Zeitpunkt erst zwei Monate her. Als einer der Männer sein Knie in ihren Rücken drückte, habe sie keine Luft mehr bekommen und um ihr Leben geschrien.

Seit Sofia J. das Video-Statement hochgeladen hat, haben viele Menschen Entsetzen und Solidarität mit ihr bekundet. Sofia J. und Teile der queeren Community werten den Vorfall als transfeindlichen und rassistischen Angriff. Ein Spendenaufruf wird geteilt, in dem Sofia J. Geld für einen Anwalt und einen Umzug nach Berlin sammelt, da sie sich in Köln nicht sicher fühlt.

Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung

Währenddessen werden auf dem Instagram-Account der Nachteule Kommentare, die Bezug auf den Vorfall nehmen, gelöscht und Accounts, die Sofia J. folgen, blockiert. Einige Tage nach der mutmaßlichen Attacke veröffentlichte die Nachteule ein Statement, in dem die Situation anders dargestellt wird: Sofia J. und ihre Freun­d*in­nen hätten in der Straße „laut krakeelt“. Die Securitys seien „nur zu dritt“ gewesen. Sie hätten die „hoch aggressive und lärmende Sofia“ fixiert und die Polizei gerufen.

Polizeisprecher Philipp Hüwe erklärte, es gebe nun Ermittlungen wegen schwerer Körperverletzung: „Mehrere Personen werden beschuldigt, sich gegenseitig angegriffen und verletzt zu haben“, so Hüwe.

Der Vorfall polarisiert die queere Community in Köln: Einerseits teilen mehrheitlich weiße, schwule Männer auf ihren Accounts die Darstellung der Nachteule, einen Artikel der Bild-Zeitung sowie einen RTL-Beitrag, in denen Sofia J.s Glaubwürdigkeit angezweifelt wird. Einige versuchen Sofia J. zur „Angry Black Woman“ zu stilisieren, die Kapital aus Rassismusvorwürfen schlagen wolle. Accounts von Schwarzen und trans Menschen, die sich nach dem Übergriff solidarisch zeigen, sehen sich einem Shitstorm ausgesetzt.

Securityfirma steht nicht zum ersten Mal in der Kritik

Auf der anderen Seite riefen die trans*­quee­ren, intersektionalen Kollektive Yaya-Crew und DeMask zu einer Mahnwache vor der Nachteule auf. Rund 200 Menschen versammelten sich dort am Abend des 20. April und forderten „Reparation, Verantwortungsübernahme sowie klare Veränderung seitens der Bar“. Im Vorfeld wurde auf die Fassade der Nachteule „No justice, no peace!“ gesprayt. In der gesamten Schaafenstraße hängen Plakate mit der Aufschrift: „LGBTI-freundlich? Von wegen! Wir sind immer kampfbereit gegen Transfeindlichkeit.“

Hier wird die politische Dimension des Vorfalls deutlich, auf die Sofia J. schon in ihren Videos Bezug nimmt: die Frage, wer in der Kölner Schaafenstraße willkommen ist und wer sich dort sicher fühlen kann. Denn die von den Wir­t*in­nen der Schaafenstraße beauftragte Sicherheitsfirma steht nicht zum ersten Mal in der Kritik: Im Juni 2022 hatten sich drei Frauen vor einer Bar geküsst und wurden dabei mutmaßlich von einer Männergruppe angegriffen. Doch die Security sei laut der Frauen nicht eingeschritten, sondern habe die Täter sogar vor dem Eintreffen der Polizei gewarnt.

Was unternehmen die Ladeninhaber der Schaafenstraße, um für die Sicherheit von trans und von Rassismus betroffenen Menschen zu sorgen? Die Wirtegemeinschaft erklärt dazu: „Die Bars der Schaafenstraße richten sich allesamt an ein schwules Publikum und deren Freund*innen. Wir schaffen seit über 30 Jahren einen Safespace für schwule Männer und ihre Gäst*innen.“ Sofia J. vermutet, dass sie da nicht mitgemeint ist: „Die schwulen weißen Männer wollen uns nicht in ihrer Straße. Sie haben vergessen, dass es eine Schwarze trans Frau war, die in Stonewall den ersten Stein geworfen hat. Schwarze trans Frauen haben für die Rechte aller Queers gekämpft.“

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