Untersuchungsausschuss zu Cum-Ex: Parteipolitik oder Erkenntnisgewinn

Die Union will einen Untersuchungsausschuss zu Cum-Ex-Verstrickungen des Kanzlers. SPD und Grüne verteidigen Scholz, doch die FDP billigt den Antrag.

Olaf Scholz sitzt am Kabinettstisch

Bundeskanzler Olaf Scholz vor Beginn der Kabinettssitzung am Mittwoch Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN. taz | Der Stuhl des Bundeskanzlers blieb im Bundestag am Donnerstag den gesamten Vormittag über leer. Dabei ging es in der Debatte um seine Person: Olaf Scholz (SPD) und seine Verstrickungen in den Finanzskandal um die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank. Die Fraktion von CDU/CSU brachte ihren Antrag auf einen Untersuchungsausschuss ins Parlament ein.

Der Ausschuss soll endgültig klären, warum Scholz als damaliger Erster Bürgermeister Hamburgs, 2016, „auch zum Nachteil des Bundes“, wie es in dem Antrag heißt, die Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen aus Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank verjähren ließ.

„Wir haben in diesem Thema festgestellt, dass es null Kommunikation gab“, sagte der stellvertretende Vize der Unionsfraktion, Mathias Middelberg. Weder im Finanzausschuss des Bundestages noch in einer Kanzlerbefragung hätte sich Scholz konkret zu dem Fall geäußert. Der Antrag wäre nicht nötig gewesen, so Middelberg, wenn Scholz „in diesem Parlament irgendwann mal ehrlich Rede und Antwort zu dem Thema gestanden hätte“.

Zwischen 2016 und 2017 hatte Scholz mehrmals den Warburg-Bank-Gesellschafter Oliver Olearius getroffen, wie aus den Tagebüchern des Bankers hervorging. Über den Inhalt der Gespräche hüllte sich der Kanzler zunächst in Schweigen. Später berief er sich auf Erinnerungslücken und verstrickte sich teils in Widersprüche.

Gelächter aus der Union

Michael Schrodi, Bundestagsabgeordneter der SPD und Mitglied im Finanzausschuss, sagte: „In Deutschland ist der Steuervollzug Sache der Länder“, und er verwies auf den Untersuchungsausschuss in der Hamburger Bürgerschaft. Damit sorgte er für Gelächter in den Reihen der Union. Bereits seit mehr als zwei Jahren tagt der Untersuchungsausschuss in Hamburg, hat bisher jedoch keine Beweise zutage gefördert.

Schrodi warf der Union parteipolitisches Kalkül vor. „Ihr Interesse war sehr begrenzt, bis Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten der SPD ausgerufen wurde“, sagte er. Auch Frauke Heiligenstadt (SPD) verteidigte den Kanzler und sagte: „Es gibt keine Widersprüche in den Aussagen von Olaf Scholz.“ An die Union gerichtet fügte sie hinzu: „Sie wollen die Fortsetzung des Polittheaters.“

Auch vom grünen Koalitionspartner der SPD kam Rückendeckung. Katharina Beck (Grüne) forderte, mit den „Cum-Cum-Geschäften“ den „größten Finanzskandal in der Geschichte der Bundesrepublik“ insgesamt aufzuarbeiten und nicht nur den Cum-Ex-Skandal als „Spitze des Eisberges“. Sie fragte, welchen Erkenntnisgewinn ein weiterer Untersuchungsausschuss haben solle.

SPD gibt sich betont entspannt

Die FDP-Fraktion werde für den Antrag der Union stimmen, sagte Markus Herbrand (FDP), jedoch bemängelte er: „Die Skandalisierung lange bekannter und vor allem auch schon mehrfach diskutierter Sachverhalte soll vor allem medienwirksam ausgeschlachtet werden.“

AfD und Linke stellten sich hinter den Antrag der Union. Christian Görke von der Linkspartei attestierte Scholz eine „bemerkenswerte Teilamnesie“, die „in diesem Kabinett ansteckend“ sei. „Auch wir kaufen dem Kanzler seine Erinnerungslücken nicht ab“, sagte Görke.

„Wir schauen gelassen auf den Untersuchungsausschuss“, hatte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, vor der Bundestagssitzung angekündigt. Nach einer weiteren Diskussion im Parlament ist damit zu rechnen, dass der Ausschuss Ende Mai oder Anfang Juni eingesetzt wird.

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