Söders AKW-Alleingang: Wahlkampf mit Atomkraft

Markus Söder weiß, dass die deutschen AKWs der Vergangenheit angehören. Für Stimmungsmache aber taugen sie allemal.

Markus Söder spricht vor einem AKW in Mikrofone

Markus Söder mit den Kollegen aus dem Landtag vor dem bayerischen Atomkraftwerk Isar 2 Foto: Christine Uyanik/reuters

Dem Föderalismus gebührt alle Ehre, und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat das Recht auf ebenso faire wie kritische Beurteilung. Der jüngste Vorstoß des CSU-Chefs, dass die Länder unabhängig vom Bund Atomkraft in Eigenregie betreiben können sollten, ist allerdings Unsinn und seine Motivation nur allzu leicht zu durchschauen: Die deutschen AKWs sind abgeschaltet, eine Mehrheit der Bevölkerung spricht sich dennoch für den Weiterbetrieb aus, und in Bayern wird im Oktober gewählt.

Die Atomkraft ist eine Höchstrisikotechnologie, über deren Betrieb natürlich nicht jedes einzelne Bundesland für sich entscheiden darf. Der Freistaat Bayern sollte nicht zur Atommacht werden, ebenso wenig wie beispielsweise die Länder Berlin oder Rheinland-Pfalz. Söder aber sind viele Mittel recht, um vor allem gegen die Ampel zu schießen und seine Stellung als Landeschef zu festigen, ebenso wie die der CSU als Regionalpartei.

Bayerns Ministerpräsident hat offenbar vergessen, dass er nach der Fukushima-Katastrophe als bayerischer Umweltminister zu einem der glühendsten Ausstiegsbefürworter mutiert war. Und dass er damals urplötzlich erkannte, dass die beiden Isar-AKWs ja in der Einflugschneise des Münchner Flughafens liegen und auch deshalb eine Bedrohung darstellten. Atomkraftgegner hatten das schon über Jahrzehnte gesagt.

Nun kaschiert Söder auch das Versagen der vorherigen Bundesregierungen, an denen die CSU beteiligt war und die auf Putins Gas setzten. Auch Unionspolitiker reisten gern nach Moskau, um ihre eigene freundschaftliche bayerische Außenpolitik zu betreiben, und verschliefen derweil die Energiewende. Statt sich AKW-Fantasien hinzugeben, sollte Söder den Ausbau der brachliegenden Windkraft in Bayern vorantreiben.

Auch scheint er zu verdrängen, dass Atomenergie weder sauber noch günstig ist. Wo würde beim AKW-Eigenbetrieb das Endlager im Freistaat gebaut werden? Bisher war immer eines ganz klar: Ein Endlager kann überall hinkommen, aber ganz sicher nicht nach Bayern.

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Lebt in München, schreibt über mögliche und unmögliche bayerische Begebenheiten. Jahrgang 1967, aufgewachsen im Stuttgarter Raum. Studierte in München und wurde dort zum Journalisten ausgebildet. Es folgten viele Jahre als Redakteur in Ulm, zuständig für Politik und Reportagen. Nun frei atmend und frei arbeitend in der Bayern-Metropole.

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