Nach judenfeindlicher Demo: Spranger will Recht und „Ordnung“

Die Innensenatorin möchte den Begriff der „öffentlichen Ordnung“ wieder ins Gesetz schreiben. Kritiker fürchten pauschale Demoverbote.

Demonstrantin mit "Free Palestine"-Mund-nasen-maske vor palästinensischen Fahnen

Pro-palästinensische Demonstrantin Foto: dpa

BERLIN taz | Nach einer propalästinensischen Demo am Ostersamstag in Neukölln, bei der judenfeindliche und antiisraelische Parolen skandiert wurden hat Innensenatorin Iris Spranger (SPD) die im Koalitionsvertrag mit der CDU geplante Wiedereinführung des Begriffs „öffentliche Ordnung“ im Versammlungsfreiheitsgesetz verteidigt. Die Polizei hatte bei dem Protest nicht eingegriffen und erst im Nachhinein Ermittlungen gegen einen Teinehmer aufgenommen.

„Nicht nur mit Blick auf die Versammlung am vergangenen Wochenende schafft der Begriff der ‚öffentlichen Ordnung‘ einen größeren Handlungsrahmen“, sagte Spranger gegenüber dem Tagesspiegel. Seine Wiedereinführung würde „die Gewährleistung der Sicherheit in Berlin“ stützen, so die Senatorin.

Mit Bezugnahme auf die „öffentliche Ordnung“ können Proteste beschränkt oder verboten werden, die, laut Bundesverfassungsgericht, den ungeschriebenen Regeln der „herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen“ entgegenstehen. Die Begrifflichkeit war 2021 gegen den Willen der SPD aus dem reformierten Versammlungsfreiheitsgesetz gestrichen worden.

Widerspruch gegen Sprangers Plan kommt vom innenpolitischen Sprecher der Linken, Niklas Schrader. Gegen strafrelevante Parolen hätte die Polizei jederzeit vorgehen können. Offensichtlich aber sei der „Polizeieinsatz nicht gut vorbereitet“ gewesen. Dies nun als Vorwand zu nehmen, „das Gesetz zu verschärfen“ bezeichnet Schrader als „dreist“.

Pauschale Demoverbote

Sprangers Ziel sei es, „Demos pauschal leichter verbieten zu können“, dabei könne dies „nur das allerletzte Mittel“ sein. Zudem biete auch das jetzige Gesetz diese Möglichkeit, wenn konkret mit Straftaten oder Gewalt gerechnet werden muss. So war im vergangenen Jahr eine palästinensische Demo zum Gedenken an die „Nakba“ genannte Vertreibung verboten worden.

Einen diesjährigen Al-Kuds-Marsch hatten die Organisatoren von vornherein abgesagt, ähnliche Versammlungen zum Thema dürften im Mai aber folgen. Israel feiert am 14. Mai den 75. Jahrestag seiner Staatsgründung. Schon für Sonntag ruft die Gruppe „Samidoun“, die bereits die Demo vergangenen Samstag organisierte, erneut auf die Straße, zum „Tag der politischen Gefangenen“.

Die Gruppe, die als Vorfeldorganisation der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP) gilt, ist ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Bun­des­po­li­ti­ke­r:in­nen von SPD, FDP und Union forderten in den vergangen Tagen, ein Verbot der PFLP zu prüfen.

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