Verschobener Atomausstieg: Streckbetrieb war unnötig

Auch ohne Weiterlaufen der drei deutschen AKWs wäre die Strom­versorgung in Deutschland im vergangenen Winter stabil gewesen. Das zeigt eine Analyse.

Luftaufnahme eines Akw

Bis zum 15. April im Streckbetrieb: Akw Emsland in Lingen Foto: onsnapix/imago

BERLIN taz | Deutschland wäre auch ohne den Streckbetrieb der letzten drei Atomkraftwerke gut durch den Winter gekommen, die Stromversorgung nicht unter Druck geraten. Das zeigt eine Analyse der Anti-Atom-Organisationen ausgestrahlt und der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Die Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 sollten zum Jahresende 2022 vom Netz gehen. Nachdem die FDP mit der Behauptung, die Stromversorgung sei ansonsten gefährdet, auf den Weiterbetrieb gedrängt hatte, setzte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Oktober gegen den Willen der Grünen die Verlängerung bis zum 15. April 2023 durch.

Ursprünglich wollte das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium damals einen Streckbetrieb von den Ergebnissen eines Stresstests abhängig machen. Dafür wurden sieben für die Stromversorgung wichtige Stressfaktoren benannt.

Das waren die Verfügbarkeit französischer AKWs, die Reaktivierung von Kohlekraftwerken, Kraftwerksprobleme durch Niedrigwasser, zu wenig Netzreserve, Gasmangel in süddeutschen Kraftwerken, zusätzlicher Strombedarf durch Heizlüfter und explodierende Gaspreise.

Fukushima habe gezeigt, wie unsicher Reaktoren seien

„Als Stressfaktor hat sich nur die Verfügbarkeit französischer AKWs erwiesen, in allen sechs anderen Bereichen gab es keine Probleme“, sagte Armin Simon von ausgestrahlt. Der Weiterbetrieb der drei Meiler sei für die Stromversorgung nicht erforderlich gewesen – und wäre nicht erfolgt, wenn sich die Regierung an die eigenen Prüfkriterien gehalten hätte.

„Die Entscheidung für den Streckbetrieb ist aus rein opportunistischen Gründen gefallen“, so Simon. Der Super-GAU von Fukushima habe gezeigt, dass auch als sicher eingestufte Reaktoren vor Unfällen nicht gefeit seien. „Der Streckbetrieb hat Deutschland ohne Grund dreieinhalb Monate länger der Gefahr einer solchen Katastrophe ausgesetzt.“

Das Berliner Analyseinstitut Enervis hat im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace und des Ökoenergieanbieters Green Planet Energy ebenfalls die Effekte des Streckbetriebs untersucht. Den Ergebnissen zufolge, die an diesem Freitag veröffentlicht werden, war die Versorgung im Winter auch ohne die AKWs jederzeit gewährleistet.

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