Klima-Volksentscheid in Berlin scheitert: Signal aus Spandauer Vorgärten

Eine bittere Niederlage für die Klimabewegung: Der Volksentscheid Klimaneustart hat das Quorum klar verfehlt und mehr Ablehnung erfahren als erwartet.

Aktivist*innen schauen bedröppelt drein bei einer Wahlparty

Ernüchterung bei der Wahlparty vom Volksentscheid Klimaneustart: Das Quorum wurde verfehlt Foto: Christophe Gateau/dpa

Die Wahlbeteiligung ist niedrig, die Außenbezirke haben zu großen Anteilen überwiegend mit „Nein“ gestimmt: Der Volksentscheid von Klimaneustart Berlin verfehlt sein Ziel. Zwar gibt es laut dem vorläufigen Zwischenergebnis eine knappe Mehrheit für die Veränderung des Klimaschutz- und Energiewendegesetzes, doch das nötige Quorum wird offenbar deutlich verpasst. Berlin bleibt damit beim Ziel der Klimaneutralität erst ab 2045.

Das ist durchaus ein Tiefschlag für die Klimabewegung der Stadt. Das Signal, das um die Welt gehen sollte, wurde in den Spandauer und Reinickendörfer Vorgärten zwischen Swimmingpool und SUV erfolgreich abgewürgt.

Der Entscheid hat damit den Trend der Berliner Wiederholungswahl, aus der die CDU als klarer Sieger hervorging, bestätigt: Das Ergebnis ist erneut ein Dämpfer für progressive Politik. Trotz einer großen und überall in der Stadt sichtbaren Kampagne für ein „Ja“ sind nicht genug Menschen an die Urnen gegangen. Und obwohl es keine Gegenkampagne gab, haben deutlich mehr Menschen mit „Nein“ gestimmt als erwartet.

Die Klimabewegung sollte analysieren, warum es nicht gereicht hat und welchen strategischen Anteil man daran haben könnte. Denn der größere Rahmen ist natürlich die sich zuspitzende Klimakrise: ein alarmierender IPCC-Bericht in der Vorwoche, unzählige Wissenschaftler*innen, die das Volksbegehren unterstützt haben, drohende Kipppunkte und nicht abreißende Hitzerekorde und Starkwetterereignisse weltweit.

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Hinzu kommt aber vermutlich auch eine gewisse Krisenmüdigkeit nach Pandemie, Krieg und eine von hohen Energiepreisen angeheizte Inflation. Vielleicht sollten daher soziale Antworten auf die Klimakrise beim nächsten Anlauf der Klimabewegung eine größere Rolle spielen als apodiktische Zielsetzungen und Fokussierung auf ein Datum. Aber wie immer gilt: Hinterher ist man immer schlauer.

Klein-Berlin ist zurück

Ein bitterer Beigeschmack bleibt bei alledem, dass die SPD die direkte Demokratie erneut sabotiert hat. Die zuständige Innenverwaltung hatte unter vorgeschobenen bis absurden Begründungen erklärt, es sei unmöglich, den Volksentscheid zusammen mit der Wiederholungswahl durchzuführen. Diese für De­mo­kra­t*in­nen eigentlich unmögliche Taktik haben Berlins Wäh­le­r*in­nen nicht bestraft – leider, möchte man sagen.

Stattdessen bleibt es bei der drohenden Betonkoalition zwischen SPD und CDU im Senat – und die Klimaziele bleiben auch so, wie sie sind. Überspitzt könnte man sagen: Klein-Berlin ist zurück, das am Grill über „Klima-Kleber“ meckert und aus den heckenbeschatteten Vorgärten und Carports die Politik bestimmt, während die Innenstadt weiter schwitzen muss.

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Unterm Strich haben die Ak­ti­vis­t*in­nen von Klimaneustart immerhin für jede Menge Bewegung gesorgt. Gerade vor dem Hintergrund des Klima-Volksbegehrens hatten SPD und CDU bei den Koalitionsverhandlungen durchaus Feuer unter dem Hintern: Sie sahen offenbar sich sogar dazu genötigt, bereits größere Beträge für den Klimaschutz zu versprechen, als man von ihnen erwarten würde. Dahinter können sie nicht mehr zurück. Auch das ist ein Verdienst des Volksentscheids. Feiern sollten die Ak­ti­vis­t*in­nen also trotzdem ein bisschen, auch wenn der Sekt heute bitter schmeckt.

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Inland und taz Berlin. Themenschwerpunkte: soziale Bewegungen, AfD, extreme Rechte

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