Fleischkonsum 2022 auf Rekordtief: Weckruf für die Bauern

Dass der Fleischverzehr auf ein Rekordtief gefallen ist, muss die Landwirte wachrütteln. Sie sollten aufhören, mehr Tierschutz zu blockieren.

Jungputen in einer mit Spähnen ausgelegten Halle unter Kunstlicht

Jungputen in einem Maststall in Brandenburg Foto: Marius Schwarz

Dieser Tage hat uns eine erfreuliche Nachricht erreicht: Die Menschen in Deutschland haben 2022 so wenig Fleisch gegessen wie seit Beginn der Verzehrsberechnung vor mehr als 30 Jahren nicht. Nun fiel der Konsum im Vergleich zum Vorjahr um 7,4 Prozent auf 52 Kilogramm pro Kopf. Das zeigen vorläufige Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft.

Die Zahlen sind ein Weckruf für die deutschen Bauern, die von der Tierhaltung leben. Sie sollten endlich verstehen, dass sie langfristig nicht mehr so stark auf die Massen-Fleischproduktion setzen können wie bisher. Denn der aktuelle Konsumrückgang ist nur in seiner Höhe durch die gerade grassierende Inflation bedingt, die irgendwann wieder abklingen wird. Die Menschen in Deutschland verbrauchen aber schon seit Jahren zusehends weniger Fleisch, und dieser Trend wird wohl anhalten.

Schließlich erkennen immer mehr VerbraucherInnen, dass der derzeitige durchschnittliche Fleischkonsum der Gesundheit schadet, von den Schäden für das Klima ganz zu schweigen. Mit Getreide ließen sich auch viel mehr Menschen ernähren, wenn es direkt gegessen statt erst an Tiere verfüttert würde.

Außerdem hat sich das Mensch-Tier-Verhältnis grundlegend geändert. Zunehmend setzt sich die Auffassung durch, dass Tiere nicht so stark leiden sollten, wenn wir uns auch mit weniger oder gar keinem Fleisch gut ernähren können.

Nur Qualität sichert Überleben

Deshalb müssen die Bauern ihren Widerstand aufgeben gegen die Pläne von Bundesagrarminister Cem Özdemir für den Umbau der Tierhaltung zu weniger Vieh und höheren Haltungsstandards. Genau das will der Grünen-Politiker mit einer verpflichtenden Kennzeichnung der Haltungsbedingungen erreichen. Sie soll VerbraucherInnen helfen, Schweinefleisch aus engen Ställen und ohne Auslauf von Produkten aus Ställen mit Zugang ins Freie und mehr Platz zu unterscheiden. Dafür würden die Bauern dann auch höhere Preise erhalten. Zudem will Özdemir Landwirte, die ihre Ställe für mehr Tierschutz umbauen, stärker bezuschussen. Das ist bei weitem nicht ausreichend, etwa weil der Mehrwert für den Tierschutz teils zu gering ist. Aber Özdemirs Vorschläge sind ein Anfang, die Richtung stimmt.

Statt sie mit aller Kraft zu unterstützen, wirft der Bauernverband Özdemir vor, er wolle die Tierhaltung in Deutschland abschaffen. Die Landwirte schießen damit gegen neue Wettbewerbsvorteile für sich. Denn nichts anderes wären Subventionen für den tierfreundlicheren Stallumbau und eine staatliche Haltungskennzeichnung. Diese Blockade könnte zu ihrem Untergang beitragen. Nur mit artgerechter erzeugtem Fleisch haben Tierhalter langfristig eine Chance.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.