Kabinett beschließt Medikamenten-Gesetz: Engpässe bei Arznei­mitteln beenden

Ein neues Gesetz soll die Verfügbarkeit von Medikamenten verbessern. Verbände kritisieren, die Verbraucher müssten für die Kosten aufkommen.

Hustensaft auf einem Löffel

Hustensaft Foto: Wassilis Aswestopoulos/imago

BERLIN taz | Die Bundesregierung will die Lage bei der Arzneimittelversorgung verbessern. Das Kabinett beschloss Mittwoch dafür ein von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erarbeitetes Gesetz, mit dem Engpässe bei Arzneimitteln verhindert werden sollen. In den vergangenen Jahren nahmen die Lieferschwierigkeiten, unter anderem bei Krebsmitteln, Antibiotika und Arzneien für Kinder, immer mehr zu. Grund sind vergleichsweise geringe Margen auf dem hiesigen Markt und eine starke Abhängigkeit von Produzenten außerhalb Europas.

„Kinder zuerst“ ist Lauterbach zufolge die Parole. Bessere Gewinnmargen für die Hersteller, etwa von Hustensäften oder Fiebermedikamenten für Kinder, sollen die Regale wieder füllen. Denn die Industrie verdient bei einem Verkauf im Ausland mehr als in Deutschland.

Lauterbach beseitigt nun bestehende Preisbremsen auf dem deutschen Markt: Die Festbeträge und Rabattverträge werden ausgesetzt, außerdem dürfen die Hersteller ihre Preise um bis zu 50 Prozent anheben. „Damit wird es auf einen Schlag wirtschaftlich, Arzneimittel in Deutschland anzubieten“, sagt der Minister.

Den gravierenden Mangel an Antibiotika will die Bundesregierung durch neue Ausschreibungsregeln aufheben. Das erste Los beim Ankauf erhält der billigsten Anbieter, etwa aus Indien oder China. Die zweite Tranche wird nur an Hersteller vergeben, die wenigstens die Hälfte ihrer Produktion in Europa ansiedeln. Das soll die Abhängigkeit von fernöstlichen Lieferungen reduzieren.

Kritik von Krankenkassen

Schließlich wird auch die Lagerhaltung ausgeweitet, sodass Arzneien für wenigstens drei Monate vorrätig sind. Lauterbach rechnet mit einem Aufbau von Produktionsstätten für Antibiotika innerhalb weniger Monate. Sollte das Modell erfolgreich sein, will er es auf andere Medikamentengruppen ausdehnen.

Am Erfolg der Änderung zweifeln die Krankenkassen. „Mehr Geld schafft nicht zwangsläufig mehr Liefersicherheit“, kritisiert Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin im Spitzenverband der Kassen (GKV). Liefer- und Versorgungsprobleme bei Arzneimitteln hätten vielfältige, meist globale Ursachen.

Es sei keine Lösung, einseitig die Versicherten zu belasten oder Arzneimittel aus anderen Ländern abzuziehen. Der Verband fordert eine stärkere Verteilung der Produktion auf verschiedene Länder, um Abhängigkeiten von einzelnen Fabriken auszuschließen. Auch müsse die Vorratshaltung ausgebaut werden.

„Leider werden die vorgeschlagenen Maßnahmen die Arzneimittelversorgung nicht verbessern“, glaubt Hubertus Cranz, Chef des Verbands der Arzneimittelhersteller. Die notwendige Diversifizierung der Lieferketten und damit eine Verringerung der Abhängigkeiten werde nicht erreicht.

Aktuell fehlt es nach Angaben der Apothekerverbände (ABDA) noch an einer ganzen Reihe von Medikamenten. „Derzeit sind Insuline gegen Diabetes, Antidepressiva oder bestimmte Antibiotika wie Amoxicillin oder Penicillin nur schwer zu beschaffen“, erläutert ABDA-Vize Mathias Arnold. Eine Corona- Sonderregel erlaubt es den Apothekern derzeit noch, passende Ersatzarzneien auszugeben. Die Verbände fordern, die geltende Regel beizubehalten. Das ist im Gesetz auch vorgesehen.

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