Koalitionsverhandlungen in Berlin: Haben sie sich auch lieb?

Friede, Freude, Koalitionsvertrag? CDU und SPD wollen mehr Geld für die Hochschulen. Im Gespräch ist auch die Randbebauung des Tempelhofer Feldes.

Die vier von der Dachgruppe

Ob SPD und Grüne auch so miteinander lachen würden? Foto: Christophe Gateau

BERLIN taz | Ein bisschen Widerspruch kann auch nicht schaden bei all der demonstrativen Einigkeit. Also verrät Raed Saleh, dass er das Tempelhofer Feld gerne offen halten will. „Was die Randbebauung betrifft, bin ich persönlich skeptisch“, sagt der SPD-Fraktionschef im Interview mit der taz.

Als Landeschef aber muss der 45-Jährige auch auf seine Partei hören. Und in der sei er in einer Minderheit. „Es gibt einen Parteitagsbeschluss, danach soll es eine behutsame Bebauung am Rand geben“, betont Raed Saleh, auch wenn er schnell hinzufügt, dass bislang völlig unklar sei, was dort entstehen soll: „Wie soll denn die Infrastruktur aussehen? Wird es soziale Angebote geben?“ Vor allem aber müsse ein „respektvoller Umgang mit dem Ergebnis des Volksbegehrens mitgedacht werden“.

Die Argumente der anderen hören, Kompromisse finden, das gilt nicht nur für die innnerparteiliche Debatte der Berliner Sozialdemokraten, sondern auch für die Koalitionsverhandlungen mit der CDU. „Ich werde nie ein Freund der CDU“, sagt Saleh dann auch eher an die Adresse der eigenen Parteibasis, der die Koalitionsvereinbarung in einem Mitgliederentscheid zur Abstimmung vorgelegt wird.

An die Adresse der CDU selbst sagte der Fraktions- und Landeschef am Freitag: „Es ist nichts offen, wo es keinen Weg für eine Einigung gibt.“

Es scheint, als hätten sich SPD und CDU gefunden. Aber haben sie sich jetzt auch lieb?

Eine gewisse Erleichterung

Als die Unterhändler der Dachgruppe am Freitag vor die Presse traten, war zumindest eine gewisse Erleichterung zu spüren: „Dass wir immer noch im Zeitplan sind, freut uns sehr, und deswegen sind wir auch weiterhin gut gelaunt“, freute sich Kai Wegner, der darauf hofft, nach dem Entscheid der SPD-Basis zum Regierenden Bürgermeister gewählt zu werden.

Franziska Giffey, die dann als Senatorin neben Wegner Platz nehmen muss, meinte: „Wir sind auf einem sehr guten Weg.“ Die Parteien hätten bei den bisher in der Dachgruppe besprochenen Themen bereits mehr als 200 Einzelmaßnahmen verabredet.

Zu denen zählt auch mehr Geld für die Hochschulen. Um jährlich 5 statt bisher 3,5 Prozent soll deren Budget steigen. Nach Angaben von CDU-Generalsekretär Stefan Evers macht das etwa 80 Millionen Euro pro Jahr aus.

9 der 13 Facharbeitsgruppen hätten inzwischen ihre Ergebnisse vorgelegt, so Kai Wegner. So soll das Vergabegesetz „entschlackt“, also vereinfacht werden – eine Forderung der Wirtschaft. CDU und SPD bekennen sich zudem zum Ziel, mehr Einfluss auf das Gas- und Fernwärmenetz anzustreben. Die Messe soll ein landeseigenes Unternehmen bleiben. Geplant ist auch eine Rückführung der Tochterfirmen der landeseigenen Klinikkonzerne Charité und Vivantes in die Mutterfirmen, damit das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt.

Letzteres ist auch eine Herzensangelegenheit von Raed Saleh. „Die Stadt Berlin muss eine gute Arbeitgeberin bleiben“, sagt er der taz. Deshalb soll auch der Mindestlohn nicht nur bei 13 Euro die Stunde bleiben, was die CDU im Wahlkampf noch kritisiert hatte. Er soll sogar „dynamisiert“, also den Preissteigerungen angepasst werden.

Auch ein Bekenntnis zur Kultur haben Giffey und Wegner abgegeben. So soll die Komische Oper grundlegend saniert und erweitert werden. Die Kosten wurden zuletzt auf 437 Millionen Euro geschätzt.

Entscheidung im April

Beide Parteien halten daran fest, den Koalitionsvertrag Anfang April vorstellen zu wollen. Das Ergebnis des Mitgliederentscheids der SPD-Basis soll dann am 23. April verkündet werden. „Was wir nicht gebrauchen können, sind Endlosdebatten“, sagte Wegner.

Ein Thema, das das Zeug dazu hätte, ist der Wohnungsbau. Die Dachgruppe, in der unter anderem Kai Wegner, Stefan Evers, Franziska Giffey und Raed Saleh zusammensitzen, will das heiße Eisen erst in der kommenden Woche anfassen. Durchgesickert ist allerdings schon, dass der Bau neuer Stadtquartiere vorangetrieben werden soll. Auch der Zentrale Festplatz soll nun dazugehören. Allerdings müsse zuvor noch ein Ersatzstandort gefunden werden. Gegen die Bebauung des Festplatzes hatte sich bislang immer Franziska Giffey ausgesprochen.

Und das Tempelhofer Feld? Darüber sei noch nicht entschieden worden, hieß es am Freitag knapp. Die Facharbeitsgruppe „Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen“ hat sich allerdings nach Angaben des Tagesspiegels für eine Randbebauung ausgesprochen. Unklar sei allerdings noch, ob die endgültige Entscheidung dafür oder dagegen nochmals durch eine Volksbefragung ermittelt werde.

Falls ja, kann Raed Saleh dann ja doch noch seine Stimme in die Waagschale werden und mit Nein stimmen.

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