Vorsitzender der VVN-BdA: Ausreiseverbot für Antifaschisten

Florian Gutsche wollte in Bulgarien gegen Neonazis demonstrieren. Die Polizei verhinderte das – er könnte dem Ansehen Deutschlands schaden.

Polizisten von hinten fotografiert bei der Patrouille durch den BER

Florian Gutsche wollte in Sofia gegen Neonazis protestieren – doch die Polizei stoppte ihn in Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | Florian Gutsche hatte am 24. Februar nur kleines Gepäck dabei. Ein Wochenende sollte seine Reise lediglich dauern, ins bulgarische Sofia, wo der Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) an den Gegenprotesten zum alljährlichen rechtsextremen Lukow-Marsch teilnehmen wollte. Doch am Flughafen Berlin-Brandenburg war bereits Schluss für Gutsche.

Die Polizei zog den 34-Jährigen aus der Schlange – und verfügte gegen ihn für das Wochenende eine Ausreiseuntersagung. Zwei Stunden wurde Gutsche nach eigener Auskunft von Bundespolizisten festgehalten und befragt, sein Gepäck durchsucht.

„Ich war völlig überrascht“, sagt Gutsche zur taz. „Alles, was ich in Sofia vorhatte, war an einer zivilgesellschaftlichen Kundgebung gegen die Nazis teilzunehmen.“ Auch sei er bisher nie für irgendetwas rechtskräftig verurteilt worden. „Keine Ahnung, welches Bedrohungsszenario sich die Polizei da vorstellte.“

Die Bundespolizei äußerte sich auf Anfrage vorerst nicht zu dem Vorgang. In ihrem Bescheid für die Ausreiseuntersagung wird Gutsche nach taz-Informationen aber als Person mit „linksextremer Ideologie“ bezeichnet. Es bestehe die Gefahr, dass er sich im Ausland an gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligen und das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland „erheblich schädigen“ könnte. Bei Zuwiderhandlung drohe Gewahrsam.

Nicht das erste Mal, dass der Protest gestoppt wurde

Die VVN-BdA kritisiert das Ausreiseverbot scharf. Es sei ein „schwerer Eingriff in die Grundrechte unseres Bundesvorsitzenden“, heißt es in einer Mitteilung. Nicht der Protest gegen Neonazi-Veranstaltungen sei ein Problem, sondern „die offene und unerhörte Glorifizierung von Waffen-SS und einheimischer mörderischer antisemitischer Freiwilligenverbände“, wie sie beim Lukow-Marsch praktiziert werde. „Wir protestieren gegen den Versuch der deutschen Polizei, Antifa-Proteste jetzt sogar im Ausland zu behindern.“

Vorsitzender des VVN-BdA Florian Gutsche Foto: privat

Gutsche erinnert daran, dass es bereits früher Probleme für seinen Verband gab. Schon 2015 seien fünf Mitglieder in Riga stundenlang aufgehalten und dann nach Litauen abgeschoben worden, als sie gegen den dortigen rechtsextremen „Tag der Legionäre“ protestieren wollten. Weil die Vorfälle aber so lange her seien, habe er bei seiner Reise diesmal nicht mit Problemen gerechnet, sagt Gutsche.

Die Sache sei durchaus ambivalent, räumt der Bundesvorsitzende ein. Denn im Falle von Rechtsextremen sei man durchaus für Ausreiseverbote, um deren internationale Vernetzung zu verhindern „Aber das kann man doch nicht mit antifaschistischem Gegenprotest gleichsetzen, der die Demokratie schützen will“, empört sich Gutsche. Er werde gegen den Bescheid nachträglich juristisch vorgehen. „Das kann man so nicht stehen lassen.“

Und er werde sich davon auch nicht von weiterem Protest abhalten lassen, erklärt Gutsche. „Als VVN-BdA haben wir immer gegen Neonazis demonstriert, auch im Ausland. Und das werden wir auch weiter tun.“

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