Norbert Lammert in Namibia: Wenn Almans sich blamieren

Ex-CDU-Bundestagspräsident Norbert Lammert hat Namibias Präsidenten über chinesischen Einfluss belehrt. Das sind eurozentrische Analysen.

Norbert Lammert

Norbert Lammert Foto: imago

Wie sehr kann sich ein Alman im Ausland blamieren? Norbert Lammert: Ja! Der ehemalige CDU-Bundestagspräsident und aktuelle Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung war 2018 zu Besuch in Namibia. Ein Auszug aus einem Gespräch zwischen Lammert und dem namibischen Präsidenten Hage Geingob macht seitdem vor allem in afrikanischen Medien die Runde. Zu sehen ist zunächst, wie Norbert Lammert in selbstgefälligem Ton Geingob vor der Präsenz Chinas in Namibia warnt. „Die Zahl der Chinesen, die hier in Namibia leben, ist viermal so hoch im Vergleich zur deutschen Community“, sagt Lammert.

Geingob sitzt zurückgelehnt in einem Sessel und stoppt Lammert früh: Der namibische Präsident fragt lächelnd, was so grundsätzlich das Problem des weißen Mannes sei. Lammert brauche niemanden zu belehren und solle lieber über Deutsche (und ihre Verbrechen in Namibia) reden. „Während wir Deutsche ohne Visum und auf dem roten Teppich in unser Land lassen, werden wir in Deutschland regelrecht misshandelt“, sagt Geingob. Lammert bleibt nichts übrig, als die Fresse zu halten.

Es existieren einige eurozentrische Analysen, dass in vielen Gesellschaften des sogenannten Globalen Südens die chinesische und russische Propaganda so stark seien, dass viele Menschen und Regierungen auf dieser Welt ihre Solidarität mit der Ukraine und ihren westlichen Verbündeten verweigern. Es stimmt, dass diese Propaganda-Maschinen weltweit aktiv sind und die Interessen Chinas und Russlands forcieren. Was aber auch stimmt: Es braucht keinen Putin, damit die Menschen im sogenannten Globalen Süden skeptisch gegenüber westlichen Interessen eingestellt sind. Schuld an dieser Skepsis ist der Westen selbst.

Verbrannte Erde

Wo immer man hinschaut, haben vor allem die USA und europäische Regierungen verbrannte Erde hinterlassen: Die Diktatur von Augusto Pinochet in Chile konnte nur mit Hilfe der USA aufrechterhalten werden, der Vietnamkrieg prägte eine ganze Generation und in diesen Tagen jährt sich die Invasion des Irak zum zwanzigsten Mal. Eine militärische Aggression, die bekanntermaßen auf Lügen fußte. Viele schlimme Dinge sind in den vergangenen 500 Jahren passiert und die Menschen vergessen nicht so einfach: Kolonialismus, postkoloniale Machtgefälle, westliche Koalitionen mit autoritären Regimen, unzählige Norbert Lammerts, die ihre Rolle übertreiben.

Kein Wunder, dass außerhalb des Westens die Augenbrauen hoch gehen, wenn es heißt, dass man nun auf der richtigen Seite stehen solle. Der effektivste Weg, um Empathie für die Unterstützung der Ukraine gegen Putins Angriff zu gewinnen: westliche Selbstkritik, eine schonungslose Aufarbeitung der Geschichte, anderen Gesellschaften auf Augenhöhe begegnen. Das dauert wiederum, und Reparationen würden viel kosten. Mal schauen, ob die Konrad-Adenauer-Stiftung irgendwann einen Beitrag zu dieser Völkerverständigung leisten möchte.

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Mohamed Amjahid ist freier Journalist und Buchautor. Bei Twitter schreibt er unter dem Handle @mamjahid, bei Instagram @m_amjahid. Seine Bücher "Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" und "Let's Talk About Sex, Habibi" sind bei Piper erschienen.

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