USA bestellen Israels Botschafter ein: Kritik an Rückkehr in Siedlungen

Die USA protestieren gegen die Rückkehr von Israelis in geräumte Siedlungen im Westjordanland. Protest kommt auch aus Jordanien – aus anderem Grund.

Zwei israelische Soldaten und eine palästinensische Frau

Israelische Soldaten in Nablus, Westjorndaland Foto: Nasser Ishtayeh/dpa

TEL AVIV taz | Ein schneller Antrittsbesuch in Washington ist für einen neuen israelischen Regierungschef die Regel. Doch Benjamin Netanjahu, vor fast drei Monaten vereidigt, wartet noch auf eine Einladung ins Weiße Haus – zu groß ist in den USA der Unmut über seine extrem rechte Regierung.

Nun hat die US-Regierung auch noch zu einer seltenen Maßnahme gegriffen: Sie bestellte am Dienstag Israels Botschafter in Washington außerplanmäßig ins Außenministerium ein. Die stellvertretende US-Außenministerin Wendy Sherman wurde in dem Gespräch Regierungsbeamten zufolge ungewöhnlich deutlich.

Stein des Anstoßes: Die jüngste Parlamentsentscheidung, vier vor Jahren geräumte wilde Siedlungen im Norden des besetzten Westjordanlands zwar nicht zu legalisieren, sie aber wieder für Israelis zugänglich zu machen. Wilde Siedlungen, sogenannte Außenposten, sind israelische Siedlungen auf palästinensischem Gebiet, die auch nach israelischem Recht nicht legal sind.

Kri­ti­ke­r*in­nen – und offenbar auch die Biden-Administration – fürchten, dass mit dem Schritt eine Legalisierung der vier Außenposten vorbereitet wird. Nach internationalem Recht sind sowohl Außenposten als auch andere Siedlungen im Westjordanland illegal.

Die vier Außenposten Sa-Nur, Ganim, Kadim und Homesh wurden 2005 zeitgleich zum israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen geräumt. Besonders Homesh ist für radikalideologische Sied­le­r*in­nen zu einem Symbol geworden. Die dort erbaute Jeschiwa, eine religiöse Schule, durften rund zwei Dutzend Sied­le­r*in­nen mit einer Sondererlaubnis auch in den vergangenen Jahren besuchen.

Laut der Friedensorganisation Peace Now war die Jeschiwa die Hauptquelle für Gewalt durch Siedler. Der Sprecher von Peace Now, Mauricio Lapchik, fürchtet nun eine Zunahme dieser Gewalt und die Errichtung von weiteren Außenposten.

USA: „Provokativ und kontraproduktiv“

„Die USA fordern Israel nachdrücklich auf, die Rückkehr von Siedlern in das Gebiet nicht zuzulassen“, sagte der stellvertretende Sprecher des Außenministeriums, Vedant Patel, am Dienstag. Die USA seien „extrem beunruhigt“ über die „besonders provokante“ Gesetzgebung.

Erst am Sonntag hatte Israel bei einem Treffen im ägyptischen Scharm al-Scheich bekräftigt, vier Monate lang keine Diskussionen über neue Siedlungen zu führen und sechs Monate lang keine Außenposten zu legalisieren.

An dem Treffen hatten palästinensische und israelische Ver­tre­te­r*in­nen sowie Abgesandte aus den USA, Jordanien und Ägypten teilgenommen, um zu einer Deeskalation zwischen Israel und den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen beizutragen.

„In einer Zeit erhöhter Spannungen sind die heute angekündigten Gesetzesänderungen besonders provokativ und kontraproduktiv für die Bemühungen, Ruhe wiederherzustellen, während wir uns auf Ramadan, Pessach und Ostern zubewegen“, erklärte Patel am Dienstag.

Die Länder hatten sich bereits im Februar getroffen, um die Wogen zu glätten. Auch bei diesem Treffen hatte sich Israel verpflichtet, das Siedlungsprojekt vorerst auf Eis zu legen – und trieb kurz darauf die Legalisierung von neun Außenposten sowie 9.500 Wohneinheiten in Siedlungen voran.

Protest aus Jordanien

Kritik übte Patel außerdem an Israels Finanzminister Bezalel Smotrich, der am Sonntag das palästinensische Volk als Fiktion bezeichnet hatte. Smotrich sprach von einem Podium aus, auf dem eine Karte von „Groß-Israel“ abgebildet war, das neben Israel und den palästinensischen Gebieten auch Jordanien einschloss. Das jordanische Parlament empfahl am Mittwoch die Ausweisung des israelischen Botschafters.

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