Proteste in Afrika gegen Preisanstiege: Wut von Nairobi bis Pretoria

In mehreren Ländern riefen Oppositionelle am Montag zum Protest gegen steigende Preise. In Kenias Hauptstadt Nairobi gibt es Unruhen.

Ein Demonstrant wirft Steine Richtung Polizei im Slumviertel Kibera von Nairobi

Aufruhr am Montag im Slumviertel Kibera in der kenianischen Hauptstadt Nairobi Foto: Ben Curtis/ap

BERLIN taz | Einen panafrikanischen Protesttag in Südafrika, Nigeria, Kenia und weiteren Ländern hatten manche angekündigt, etwa die zivilgesellschaftliche Aktivistin Stella Nyanzi aus Uganda. Demonstrationen hat es am Montag tatsächlich in mehreren Ländern gegeben. Am heftigsten eskalierte die Lage in Kenia, wo sich Unmut über die Verteuerung von Lebensmitteln mit der Verärgerung der Opposition über den Wahlsieg von Präsident William Ruto im vergangenen Jahr vermischte.

Straßenschlachten entwickelten sich im Laufe des Tages in Teilen der Hauptstadt Nairobi, wo Demonstranten einem Aufruf der Opposition unter dem langjährigen Oppositionsführer Raila Odinga zum Marsch auf das „State House“, den Sitz des Präsidenten, folgen wollten. Hochgerüstete Polizei stellte sich mit gepanzerten Fahrzeugen in den Weg und riegelten Straßen ab. Geschäfte blieben geschlossen. Steine flogen, Tränengas wurde geschossen, zwei oppositionelle Parlamentsabgeordnete – Senats-Oppositionsführer Stewart Madzayo und Parlamentarier Opiyo Wandayi – wurden festgenommen, ebenso zahlreiche Demonstranten. Im Slumviertel Kibera zündeten Protestler Benzinfässer an und die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Auch in Odingas Heimatstadt Kisumu gab es schwere Unruhen.

„Ich will, dass Kenianer in großer Zahl hinauskommen und ihre Unzufriedenheit über das, was in unserem Land geschieht, ausdrücken“, hatte Odinga am Sonntag erklärt, bevor Kenias Innenministerium die Proteste verbot. Der 78-jährige Odinga hatte die Präsidentschaftswahl 2022 gegen den bisherigen Vizepräsidenten William Ruto verloren, eine Klage dagegen wies das Oberste Gericht einstimmig ab, aber Odingas Oppositionsbündnis Azimio La Umoja erkennt Ruto bis heute nicht an.

Ruto, der sich als Aufsteiger aus der Unterschicht inszenierte und damit die Wahl gewann, hat sich als Präsident schwergetan, die Erwartungen seiner Anhänger zu erfüllen. „Die lügen uns jeden Tag an“, wurde am Montag ein 21-jähriger Demonstrant zitiert. „Wo ist das billige Maismehl, das sie versprachen? Wo sind die Arbeitsplätze für die Jugend, die sie versprachen? Alles was sie tun, ist, ihre Freunde zu versorgen.“

Schwere Dürre und weltweite Inflation
Demonstrant in Nairobi

„Wo ist das billige Maismehl? Wo sind die Arbeitsplätze für die Jugend?“

In Kenia, wie in allen Ländern Ostafrikas, hat im vergangenen Jahr die Kombination der schwersten Dürre seit vierzig Jahren und weltweiter Inflation zu einem rasanten Anstieg der Lebensmittelpreise geführt, der erst im Laufe des Jahres 2023 allmählich abklingen soll. Die Inflationsrate in Kenia liegt offiziell bei 9,2 Prozent, aber dahinter verbirgt sich eine Verdoppelung des Preises für das Grundnahrungsmittel Mais in den zwölf Monaten bis September 2022 und weitere enorme Preissteigerungen für Dinge wie Weizenmehl, Speiseöl. Kenias Medien führen dies auf die Verknappung der Exporte aus der Ukraine und Russland zurück.

Laut Weltbank war die inflationsbereinigte Preissteigerungsrate für Lebensmittel 2022 weltweit in Simbabwe am höchsten, mit 121 Prozent, gefolgt von Libanon. Ruanda mit 28 Prozent stand auf Platz 3, Uganda auf Platz 5 und Burundi auf Platz 10. Nominal lag die Lebensmittelinflation in Ruanda Ende 2022 bei knapp 60 Prozent. Diese Länder bauen ihre eigenen Lebensmittel an, aber in Gebieten Ostafrikas, die keine Selbstversorger sind, vor allem in Äthiopien, Somalia und Südsudan, breiten sich Hungersnöte aus.

In Südafrika rief die linkspopulistische Oppositionspartei EFF (Economic Freedom Fighters) für Montag zu einem Shutdown auf und sammelte Demonstranten in der Hauptstadt Tshwane (Pretoria) zu einem Marsch auf die Residenz von Präsident Cyril Ramaphosa, die von Soldaten geschützt wurde. Hauptgrund ist Südafrikas Energiekrise, wo die Stromversorgung immer öfter ausfällt. Es sei „der erfolgreichste Shutdown in der Geschichte des Kampfes in Südafrika“, rief EFF-Führer Julius Malema vor Tausenden Anhängern. Es gab vereinzelte Festnahmen.

In Nigeria riefen Anhänger des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Peter Obi, der im Februar mit der kleinen Labour Party (LP) als Anwalt der Jugend angetreten war, zu einem landesweiten Protesttag gegen angebliche Wahlfälschung auf. Unter dem Motto „No Work, No School“ gab es Berichten zufolge aber nur vereinzelte Proteste.

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