nach dem erdbeben in der türkei und syrien
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Assad wird wieder salonfähig

Ägyptens Außenminister besucht Syriens Diktator. Auch Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate nähern sich verstärkt an – möglich macht es das Erdbeben, das auch die syrischen Regimegebiete traf

Von Karim El-Gawhary, Kairo

Das Erdbeben, das vor drei Wochen das türkisch-syrische Grenzgebiet erschütterte, erweist sich als große Chance des syrischen Regimes Baschar al-Assads. Damaskus versucht die Gelegenheit zu nutzen: Wenn schon nicht die internationale Isolation gebrochen werden kann, so doch wenigstens die der arabischen Nachbarn.

Bisheriger Höhepunkt der schleichenden Wiederannäherung der arabischen Staaten mit Syrien ist der Besuch des ägyptischen Außenministers Sameh Shoukry in Damaskus am Montag. Assad persönlich empfing ihn am Flughafen.

Es ist eine für Assad symbolisch sehr wichtige Visite. Denn Ägypten ist das Gastland der Arabischen Liga, die Syrien wegen des brutalen Umgangs des Regimes mit der Opposition seit dem Arabischen Frühling 2011 suspendiert hatte.

Das Ziel der Reise sei in erster Linie humanitärer Natur, es gehe darum, eine Solidaritätsbekundung des ägyptischen Volkes an das syrische zu überbringen, erklärte Shoukry bei seiner Ankunft in Damaskus.

Nach seiner Stippvisite flog er weiter in die Türkei, um auch dort seine Solidarität mit den Opfern des Erdbebens zu verkünden.

Bereits vor dem Besuch hatte der ägyptische Rote Halbmond Spenden für die syrischen Erdbebenopfer gesammelt. Außerdem hatte Kairo ein Bergungsteam geschickt – nicht in das von der syrischen Opposition kontrollierte Erdbebengebiet im Nordwesten des Landes, das die meisten Erdbebenopfer zu verzeichnen hatte. Stattdessen eilten sie zur Unterstützung der Opfer ins Regimegebiet, in Kooperation mit dem syrischen Roten Halbmond, der als Arm des Regimes fungiert.

Assad nutzt das Erdbeben, um erneut ein Teil des regionalen politischen Netzwerks zu werden. Vor einer Woche besuchte er den Oman und traf zuvor den Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate in Damaskus. Die Golfstaaten schickten unverzüglich nach dem Beben Hilfslieferungen nach Damaskus.

Der größte Widersacher der Normalisierung mit Assad bleibt Saudi-Arabien

Damit wird ein Prozess der Normalisierung weitergeführt, der bereits zuvor schleichend begonnen hatte: Die Emirate und Bahrain haben bereits diplomatische Beziehungen zu Damaskus aufgenommen, wenngleich auf kleinstmöglicher Flamme. Die Tore, durch die Assad in Richtung arabische Welt marschieren kann, waren damit leicht geöffnet worden. Mit dem Besuch des ägyptischen obersten Diplomaten in Damaskus diese Woche sind sie nun weit aufgerissen.

Der größte Widersacher gegen die arabische Normalisierung mit Damaskus bleibt Saudi-Arabien, das sich seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs völlig von Assad abgewendet hatte, besonders aus tiefem Misstrauen vor der politischen und militärischen Allianz des Assad-Regimes mit dem saudischen Erzrivalen Iran. Ob auch Saudi-Arabien die syrischen Karten nun neu mischt, bleibt unklar. Das Königreich bleibt Assads größter Stolperstein auf dem Weg zurück in die Arme der Arabischen Liga.

Die EU und die USA stehen der Normalisierung der Beziehungen mit Damaskus unterdessen weiterhin entgegen. Sie fordern von Assad die Erfüllung der UN-Sicherheitsratsresolution, die ein Ende des Bürgerkriegs und einen politischen Übergang weg von der Autokratie Assads fordert.

Für das syrische Regime ist das Erdbeben die Plattform, neben seinen bisherigen Alliierten Russland und dem Iran, nun auch wieder in der gesamten arabischen Welt salonfähig zu werden. Geht die Rechnung auf, wird es für Europa und die USA noch schwerer, durch die Isolation Assads doch noch dessen Abgang zu erzwingen.