Teddyfell als Fashiontrend: Faustdick hinter den Ohren

Das Teddyfell ist in der Mode gerade allgegenwärtig. Ist das bloß eine Ausweitung der Komfortzone? Oder steckt noch etwas anderes dahinter?

Ein Modell auf einem Laufsteg

Teddy und Fake Fur sind im Trend – wie jüngst bei der Mailänder Fashion Week zu besichtigen war Foto: Antonio Calanni

Felliges und Flauschiges ist Grundkleidungsmittel in jedem kalendarischen Winter. Aber der schiere Umfang, in dem Tier- und Kunsttierfelle die Garderoben quer durch alle Kategorien erobert haben, fällt auf. Bouclé, Shearling, Teddyfell, sie scheinen dort auch gar nicht mehr so bald wegzugehen.

Und vom ebenfalls sehr anschmiegsamen Strick und Ähnlichem wäre damit noch gar nicht gesprochen. (Wo leben sie alle, die Kaschmirziegen und Merinoschafe, die plötzlich den Edelstrick für die Unmengen erfreulich kostengünstigen Pullover, Cardigans, Pantoffeln, Kleider und Hosen liefern?)

Der Teddymantel, in dem – und das ist eine gute Sache – alle ähnlich unförmig ausschauen, ist natürlich schon eine Weile etabliert. Aber es gilt offenbar, weitere Kleidungsressorts für das Thema Fell urbar zu machen. Besonders gut konnte man dies in den letzten Monaten an Kleidungsstücken und Accessoires ausmachen, die für gewöhnlich überhaupt nicht oder deutlich seltener mit Fell assoziiert wie appliziert werden: Handtaschen zum Beispiel.

Oder Schuhe. Jeweils von außen betrachtet, nicht von innen, wo Fütterungen an sich natürlich nichts Ungewöhnliches sind. Jetzt aber gibt es komplette Slipper oder Stiefel aus wollweichem Material, sanfter noch als der klassische Hausschuh, plüschig wie ein Kuscheltier.

Eher ungeeignet

Besonders funktional kann das kaum sein – genau wie die Fellapplikationen, die jetzt Handtaschen zieren, wenn jene nicht gleich in Gänze aus einem Flauschteppich herausgeschnitten wurden: Einmal ausgekippte Getränke kleben hier, ob Kunst- oder Echtfell, sehr zuverlässig drin. Und Fellschuhe sind zumindest für Schneematsch, westeuropäische U-Bahn-Stationen et al. auch eher ungeeignet.

Aber vielleicht liegt hier gerade der Kern: in der schönen Umständlichkeit, Klobigkeit, einem Kleidungsstück, das auf den ersten Blick ein bisschen Unbeholfenheit verströmt. Man könnte sich an tatsächliche Wolkenberge erinnert fühlen, durch die und in denen man hier watet. Oder an das sprichwörtliche Sentiment, wie in Watte gepackt zu sein.

Begriffe wie Behaglichkeit oder Häuslichkeit wären schon fast untertrieben für diese modischen Zustände – denn da wäre in diesem Fall ja immer noch ein Raum, ein häusliches Außen, durch das man sich bewegt. Das Fell wird zur ultimativen Ausweitung der Komfortzone. Ein Zustand, in dem das Innen – äquivalent zum modischen Futter – bisweilen unerwartet nach außen gestülpt wird.

Für manche(n) mag die modische Simulation von Winter natürlich auch schlicht etwas Beruhigendes an sich haben: Wenn es schon draußen knapp 20 Grad hat, dann hält wenigstens das Ganzkörperfell die mitteleuropäische Vorstellung eines echten Winters aufrecht. Wo es allzu mild gestimmt und samtpfotig ausschaut, darf man nun aber,wie so oft in der Mode, auch noch etwas anderes vermuten als das offen Daliegende.

Fortführung mit anderen Mitteln

Verbergen sich im Plüschmantel mit Felltasche also etliche Wölfe und Wölfinnen im Schafspelz? Haben wir es hier vielleicht bloß mit der logischen Fortführung des formstrengen Military Looks zu tun, der alle Jahre wieder in neuem Aufguss über die Laufstege getragen wird, aktuell aber, wo die Kriege auch in Westeuropa fast vor der Haustüre stattfinden und das reale Leiden kaum mehr zu übersehen ist, eher nicht? Eine Aufrüstung mit anderen Mitteln?

Dem Tier dient das Fell bekanntlich auch zur Abwehr, als Schutz vor Kälte, Hitze, Krankheit und anderen feindlichen Einflüssen. Seine vermeintliche Verletzlichkeit nach außen zu tragen, ist eine scharfe Waffe, die man nicht unterschätzen sollte.

Die Uniform der Sanftmütigkeit könnte es in Wahrheit faustdick hinter den Ohren haben. Bis diese Lesart sich bei tatsächlichen harten Jungs und denen, die sich für solche halten, durchgesetzt hat, dürfte es aber noch eine Weile dauern.

Kadyrow in Prada?

Ramsan Kadyrow zum Beispiel, der sein martialisches Auftreten gern modisch untermauert, setzte bisher auf konventionelle Military Fashion: Vor einem Jahr kursierten Bilder im Netz, auf denen der Tschetschenen-Führer ein verdächtig bekannt ausschauendes Paar Stiefel trägt – es sollten die „Monolith“ von Prada sein, mit ihrem klobigen Absatz und dem schön überflüssigen, rein modischen Lederbeutelchen, das wie eine Miniatur-Geldbörse am Stiefelschaft befestigt wird.

Eine Mimikry von Kriegsausrüstung, die hier auf das reale Schlachtfeld, das Kadyrow auch verbal so gern anruft, zurückkehrt. Die Überschrift für die Berichte war, in Anlehnung an einen bekannten Hollywood-Streifen mit Meryl Streep als gehässige Mode­chefin, schnell gefunden: Der Teufel trägt Prada.

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