Nachhaltigkeit in Berliner Clubs: Klimabewusster Feiern

In Sachen Nachhaltigkeit kommt in Clubs keine Feierlaune auf. Wie sich das ändern kann, war Thema bei „Clubkultur & Tourismus in Zeiten der Klimakrise“.

Menschen stehen und sitzen in einem Club

Sparen? Kann man schon beim Licht. Feierstimmung im Schwuz Foto: Amélie Losier

Berlin will bis 2045 klimaneutral sein. Falls der nächste Volksentscheid durchkommen und von der Politik ernst genommen werden sollte, sogar schon 2030. Doch wie es gerade aussieht, wird Autopapst Kai Wegner von der CDU neuer Regierender, mit der orientierungslosen SPD im Schlepptau. Der würde einmal herzlich lachen über die Zahl 2030 und dann schauen, dass die A100 möglichst zügig weitergebaut wird.

Dabei könnte so ein Klimaschutzziel in näherer Sichtweite und nicht so in ferner Zukunft liegend wie 2045 helfen, dass auch die Berliner Clubkultur in Sachen Nachhaltigkeit aus den Puschen kommt.

Denn Clubs sind echte Energiefresser. Der Berliner Verein Clubliebe hat vorgerechnet, dass ein mittelgroßer Feierladen an einem Wochenende beispielsweise so viel Strom verbraucht wie ein Single-Haushalt in einem ganzen Jahr. Dazu kommen katastrophale Klimabilanzen, was die An- und Abreise von DJs und Partyhungrigen betrifft. Corona hat für eine Unterbrechung und zum Teil auch Umdenken bei diesen Exzessen gesorgt. Aber vor der Pandemie war es üblich, dass an einem Wochenende zig DJs aus aller Welt eingeflogen wurden, um ein paar Stunden aufzulegen. Dazu kamen die sprichwörtlichen Easy-Jet-Raver, die die Berliner Clubkultur prägten. Junge Londoner stellten die Rechnung auf: Billigflug plus Übernachtung im Hostel-Dorm plus moderater Eintritt im Club kommt immer noch günstiger als eine Nacht in der völlig überteuerten Heimatstadt.

Das ist in der postpandemischen Zeit alles ein wenig anders. Vom Club Watergate, neben dem Berghain bei Touristen der beliebteste Partyladen der Stadt, hört man, dass ungefähr 50 Prozent weniger Touristen unter den Gästen seien. Und ein Sprecher der Hauptstadttourismusplattform Visit Berlin sagte nun auf einer Veranstaltung am Mittwoch im Ritter Butzke, die sich mit „Clubkultur & Tourismus in Zeiten der Klimakrise“ beschäftigte, dass gerade ungleich mehr Raver mit der Bahn als mit dem Flugzeug für ein Feierwochenende in Berlin anreisen würden als noch 2019.

Code of Conduct

Der Verein Clubliebe will mit seinem Leitfaden “Green Club Guide“ den Clubs dabei helfen, sich möglichst einfach und niedrigschwellig ökologisch bewusster aufzustellen. Clubs, die sich dazu bekennen wollen, können dazu einen “code of conduct“, eine “freiwillige Selbstverpflichtung“, unterzeichnen.

Toilettenpapier

Laut Clubliebe ist der “Green Club Guide“ ein “kostenfreies Nachhaltigkeitskonzept“ für Clubs. Dazu gehören Tipps wie der Verzicht auf WC-Steine oder die Mahnung, darauf zu achten, dass die Wasserhähne nicht tropfen. Auch in der Liste: Energiesparende Kühlschränke, Recycling-Klopapier, LED-Röhren oder ein Vogelkasten, mit dem auch ein Club einen Beitrag zum Naturschutz leisten könnte.

Die Clubs selbst erkennen sicherlich auch langsam, dass sich an ihrem ganzen Selbstverständnis etwas ändern muss. Ende vergangenen Jahres hieß es zwar noch seitens der Clubcommission, für den wirklich großen Umbau im Sinne des Klimaschutzes würde wegen der Coronakrise gerade das Geld fehlen. Die Anschaffung von LED-Lichtern, energieeffizienteren Kühlschränken und wassersparenden Toiletten müsse demnach noch ein wenig warten. Unterhält man sich dann aber mit Katharina Wolf von Clubliebe, sagt die, dass der Bedarf an den kostenlosen Energieberatungen, die ihr Verein anbietet, zuletzt stark zugenommen habe und man gar nicht mehr mit diesen hinterherkomme. Auch die Anzahl der Clubs, die deren „Code of Conduct“, eine freiwillige Selbsterklärung zum Energiesparen, unterschrieben hätten oder dies gerade erwägen würden, sei gestiegen.

Bei der Veranstaltung im Ritter Butzke gab sie nochmals ein paar Beispiele, wie einfach manche Maßnahmen für Clubs umzusetzen seien. Lieber einmal mehr Getränke bestellen anstatt ständig den Lieferanten anzufunken etwa. Auf der Homepage darauf hinweisen, wie man am besten mit den Öffis anreisen kann. Oder Fahrradständer anbringen, wobei das wahrscheinlich schon wieder zu dem Bereich gehört, wo man auch etwas Geld in die Hand nehmen müsste.

Die Hauptproblematik bei dem ganzen Thema wurde dann auch noch erörtert. Wie bekommt man es hin, die Berliner Clubkultur einerseits weiterhin international aufzustellen und dabei trotzdem nicht viel zu umweltschädigend zu sein? Denn das machte Wolf klar: Alte Glühbirnen entsorgen ist schön und gut, aber den mit Abstand größten CO2-Abdruck hat einfach die Mobilität. DJs müssten demnach dazu gebracht werden, zumindest kontinental vom Flugzeug auf den Zug umzusteigen. Oder, noch besser: auf den Reisebus. Denn der habe eine noch bessere Klimabilanz als die Bahn. Kommt der Superstar-DJ demnächst also mit dem Flixbus angereist? Ja, warum denn auch nicht.

Doch bevor jetzt zu viel Euphorie aufkommt, sind wir auch schon wieder bei dem Punkt am Anfang dieses Textes angelangt. Es braucht auch den politischen Willen, um die Bahn, am Ende immer noch die realistischste Alternative zum Flugzeug, attraktiver zu machen. Die Strecke London-Berlin ist ab Ende Mai dieses Jahres im Nachtzug in 19 Stunden machbar. Klingt lustig, aber wer tut sich das wirklich an? Und Verkehrsminister Volker Wissing tut zwar so, als wolle er die Bahn endlich reformieren, aber wie Kai Wegner gehört seine wirkliche Liebe am Ende doch eher dem Auto.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.