Bio-Essen in Bremer Kantinen: Billigfleischbremse darf was kosten

Bremen will alle öffentlichen Kantinen auf Bio-Essen umstellen, aber bislang sollte das ohne Mehrkosten passieren. Nun buttert die Stadt Geld rein.

Ein Teller Currywurst mit Pommes in einer Kantine

Soll in Bremen 100 Prozent bio sein: Kantinenteller Currywurst mit Pommes Foto: Martin Gerten/dpa

BREMEN taz | Mal gucken, wer am Ende schneller ist mit seiner Billigfleischbremse: Aldi oder Bremen. Deutschlands größter Discounter will ja bis 2030 seine Fleisch- und Wurstwaren auf die höchsten Tierhaltungsstandards umstellen. Und Bremen will das Essen in allen öffentlichen Kantinen ganz auf Bio-Lebensmittel umstellen – so steht es im Aktionsplan 2025, und der stammt auch schon von 2018. Bremen wäre damit bundesweit Vorreiter, also: immer noch. Der rot-rot-grüne, früher noch: rot-grüne Senat hat sich dafür schon feiern lassen.

Jetzt wird ja bald wieder eine neue Bürgerschaft gewählt in Bremen, da ist es nochmal an der Zeit, Bilanz zu ziehen, in diesem Fall mit einer Antwort des Senates auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Parlament. Ein Ergebnis: Schulen und Kitas in der Stadt sind immer noch eine Black Box, was die Lebensmittel angeht, die hier verkocht werden. Nichts Genaues weiß man nicht.

Sowohl die Schulen als auch die Kitas sollten ja schon zum Ende des letzten Jahres zu 100 Prozent auf Bio-Produkte umgestellt worden sein. Aber: „Es handelt sich um einen langwierigen Prozess“, erklärt die Landesregierung, nicht ohne auf die Pandemie zu verweisen. Doch bisher konnte da wie dort noch nicht einmal ein Verfahren etabliert werden, mit dem man halbwegs nachvollziehbar erfassen könnte, welche Qualitätsstandards da eingehalten werden – oder eben nicht, und wie viel Bio-Essen da auf den Tisch kommt.

Investitionen sogar in Personal

„Ein geeignetes System wird derzeit erarbeitet“, verkündet der Senat – fünf Jahre nach dem Senatsbeschluss zur Billigfleischbremse. Es gibt also bis heute nur Schätzungen. Und die besagen, dass manche Mensen die Vorgaben schon gut oder sehr gut erfüllen, andere aber nur schlecht oder gar nicht. Die Akzeptanz des Projektes in den Küchen variiere „sehr stark“, sagt der Senat: Manche Küchen „müssen durch äußere Faktoren aktiviert werden“, so die Landesregierung, die an dieser Stelle offenbar nicht „gezwungen“ schreiben will, aber genau das meint.

An anderer Stelle aber gibt es durchaus Positives zu vermelden. Der Senatsbeschluss stammt ja noch aus Zeiten, in denen der ökologische Fortschritt in Bremen nichts kosten durfte und es noch keine drei Milliarden Schulden-Euro zur Bekämpfung der Klimakrise gab. Also muss, so die ursprüngliche Vorgabe, das Mensaessen zwar Bio-Qualität haben und möglichst aus der Region bezogen werden, aber mehr Geld sollte es nicht kosten dürfen. „Aufwendungsneutral“ sollte sie sein, die Billigfleischbremse. Die sollen halt einfach weniger Fleisch verkochen, dann geht das schon, war die Devise.

Dass das nicht reichen würde, war bereits lange klar, hinter den Kulissen gibt es schon länger Gerangel zwischen der SPD und den Grünen. Jetzt heißt es ganz schlicht: „Beschaffungs- und Herstellungskosten haben sich inzwischen erheblich nach oben entwickelt.“ Mehrkosten würden „aus dem Haushalt finanziert“. Wenn auch erst im nächsten. Klar, das stand als frommer Wunsch bereits im Koalitionsvertrag. Aber jetzt ist es auch ein Regierungsbeschluss, sogar von „Investitionen“ in Personal ist nun die Rede.

Schulen in Kitas haben jetzt übrigens bis 2025 Zeit. Könnte knapp werden.

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JAN ZIER, Jahrgang 1974, Lokalredakteur, Chef vom Dienst & Fotograf in Bremen, 2004 - 2023 bei der taz in Bremen. Schwerpunkte: Parteipolitik, Recht & Justiz, zeitgenössische Kunst & Kultur Promotion über die Rolle der Nationalen Parlamente in der EU

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