Schulplatzmangel in Berlin: Mathe auf dem Flur

In Marzahn-Hellersdorf fehlen Schulplätze im Umfang von fünf Grundschulen. Wütende Eltern beschweren sich nun in einem offenen Brief.

Manchmal wird auch gebaut: Grundsteinlegung für eine Sekundarschule in Marzahn-Hellersdorf Foto: picture alliance/dpa | Wolfgang Kumm

BERLIN taz | Die Eltern in Marzahn-Hellersdorf sind erbost über die immer dramatischer werdende Schulplatzknappheit: Die „Unzufriedenheit über Schlamperei, Dilettantismus, verantwortungsloses Zugucken und Phlegma“ wachse „ins Dramatische“, schrei­ben El­tern­ver­tre­te­r*in­nen von sieben Grundschulen im Bezirk in einem offenen Brandbrief an die Senatsbildungsverwaltung. Mancherorts sei Unterricht nur auf dem Flur möglich. Insgesamt vertrete man die Interessen von 2.000 Schü­le­r*in­nen und deren Eltern, heißt es in dem Brief.

Besonders eng ist die Lage an der Kiekemal-Grundschule in Mahlsdorf: Dort lernen laut Daten der Bildungsverwaltung 665 Kinder. Ausgelegt war die Schule ursprünglich für etwas über 200 Schüler*innen. „Selbst wenn es zu provisorischen Modulbauten kommt, wird der notwendige Bewegungs- und Freiraum auf den Schulhöfen verstellt“, schreiben die Eltern. Auch die Mensa- und Toilettensituation sei vielerorts prekär: An der Franz-Carl-Archard-Grundschule in Kaulsdorf teilten sich 100 Kinder drei Toiletten. Das Mittagessen ziehe sich wegen zu kleiner Mensen mitunter von 10.30 Uhr bis 14 Uhr.

Der zuständige Bezirksstadtrat Torsten Kühne (CDU) findet die Kritik der Eltern „sehr nachvollziehbar“. Er will den Brief allerdings vor allem als „Appell an die Landesebene verstanden wissen“. Die seit 2017 laufende Schulbauoffensive verlaufe zu stockend. Im Herbst hatte es heftigen Protest vonseiten der Bezirke gegeben, weil Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) viele Bauvorhaben aus der Investi­tions­planung bis 2026 gestrichen hatte. Wesener sprach indes lieber davon, eine „aufgeblähte“ Vorhabenliste bereinigt zu haben auf ein realistisches Maß.

5 Grundschulen fehlen

Kühne sagt, aktuell fehlten dem Bezirk 4 bis 5 Grundschulen, was rund 2.300 Schulplätzen entspreche. Es komme jetzt darauf an, dass die 12 Neubauschulen und 13 Ergänzungsbauten in den kommenden Jahren auch wirklich vorangetrieben werden könnten, sprich: vom Land ausfinanziert werden. Nur dann sei „ab dem Schuljahr 2025/26 mit einer schrittweisen Entspannung zu rechnen“. Bis dahin „bauen wir den steigenden Schülerzahlen noch hinterher“.

Kühne war bis 2021 lange Jahre Schulstadtrat in Pankow. Er sagt, in den Randbezirken sei die Lage beim Schulbau besonders drängend, weil sie nicht mit dem Wohnungsbau Schritt halte. Am Stadtrand gebe es naturgemäß mehr Potenzial für großflächigen Wohnungsneubau als in der verdichteten Innenstadt. Bis vor zehn Jahren habe man in Marzahn-Hellersdorf noch Schulen abgerissen. Zugleich entstünden zum Beispiel an der Allee der Kosmonauten aktuell „hunderte Wohneinheiten“. Viele Familien zögen dorthin.

Für Donnerstagabend haben Linke, Grüne und SPD im Bezirk die Eltern zu einer Aussprache eingeladen.

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