Memo-Studie zur Erinnerungskultur: Ungenügend für den Unterricht

Dass Jugendliche wenig über die NS-Zeit wissen, liegt nicht an mangelndem Interesse. Hitler und Holocaust kommen im Lehrplan zu kurz.

SChulklasse im Stelenfeld des Holocaustmahnmals in berlin

Berlin, September 2017: Schüler:innen, diskutieren während eines Klassenausflugs zum Holocaustmahnmal Foto: Paul Langrock

Bei den Bil­dungs­mi­nis­te­r:in­nen sollten sämtliche Alarmglocken schrillen. Wenn die Hälfte der 16- bis 25-Jährigen nicht den Zeitraum der NS-Diktatur korrekt benennen kann, läuft gewaltig etwas schief. An mangelndem Interesse liegt es nicht, wie die Ergebnisse der Memo-Jugendstudie zeigen. Drei Viertel der Befragten wünscht sich sogar mehr Faktenwissen im Unterricht zu Hitler & Holocaust.

Damit ist klar, dass die Älteren es ausnahmsweise mal nicht auf die angebliche Gleichgültigkeit der jungen Generation schieben können. Es bleibt nur ein Schluss: Die Wissenslücken hängen mit der Qualität des Unterrichts zusammen. Natürlich ist der Job nicht unbedingt einfacher geworden – allein, weil den Schulen die wichtigen Un­ter­stüt­ze­r:in­nen wegsterben.

Lange Zeit konnten die Ge­schichts­leh­re­r:in­nen darauf bauen, dass die Erlebnisse von Holocaust-Überlebenden und anderer NS-Zeitzeug:innen schon einen Großteil der Schü­le­r:in­nen in ihren Bann ziehen würden. Umso verwunderlicher ist, dass die meisten Bundesländer bis heute nicht mal den Besuch einer KZ-Gedenkstätte vorschreiben. Dass man Lehrkräfte nicht zu außerschulischen Angeboten zwingen könne, ist dabei vorgeschoben.

Zumindest von denen, die Geschichte oder Politik unterrichten, muss man diesen Einsatz erwarten und einfordern dürfen. Wie so oft beim Thema Schule hängt es vom Engagement einzelner (und nicht nur der Geschichts-) Lehrkräfte ab, ob sich Jugendliche intensiver mit der NS-Zeit beschäftigen, ob sie das Tagebuch der Anne Frank lesen oder Stolpersteine schrubben.

Die Bil­dungs­mi­nis­te­r:in­nen sind also gut beraten, wenn sie für dieses Engagement mehr Freiräume schaffen – und Themen wie Rassismus, Diskriminierung oder Ausgrenzung stärker in den Unterricht nehmen. Schließlich gehört das alles zum Alltag heutiger Jugendlicher – und bietet wertvolle Anknüpfungspunkte zur NS-Zeit. Es ist gut, dass manche Länder genau dafür das Schulfach Politik gestärkt haben. Blöd ist nur, wenn das – wie in Berlin – auf Kosten des Geschichtsunterrichts geht.

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Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.

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