taz-Serie Nachtzugkritik: Ruhe und Platz fürs Faltrad

Mit dem Nachtzug von Nador nach Casablanca in Marokkos Norden. Die Fahrt von Küste zu Küste lässt kaum Wünsche offen – und ist erschwinglich.

Die Treppe eines Bahnhofs

Ankunft in Casablanca Foto: Wilfrid Estève/imago

MAROKKO taz | Auch in Marokko gibt es einen Nachtzug. Dieser zieht einen einzigen Schlafwagen mit sich. Er macht seinem Namen alle Ehre: Kein nächtliches Rangieren, kein Quietschen stört den Schlaf. Mit diesem Zug kommt man einmal quer durch den Nordteil von Marokko – von Nador nach Casablanca.

Eine Fahrt im Nachtzug von der Mittelmeerstadt Nador an die Atlantikmetropole Casablanca gleicht einem wohligen Schaukeln durch eine lange Nacht. In zehneinhalb Stunden gleitet der lange Zug schier lautlos durchs Dunkel. Nach der Abfahrt um 20.26 Uhr kommt er pünktlich um 6.50 Uhr im gut 660 Kilometer entfernten Passagierbahnhof Casa Voyageurs in Casablanca an. Auf seinem Weg passiert er weltbekannte Städte wie Fes, Meknes und auch die Landeshauptstadt Rabat.

Es bietet sich an, dort auf der Rückfahrt haltzumachen. In der Regel verkehren 14 Züge pro Woche auf der Strecke. Die marokkanischen Züge sind bequem, erschwinglich und einfach zu benutzen. Außerdem gibt es in Marokko einige der schönsten Bahnhöfe in ganz Afrika.

Eingesetzt wird der Nachtzug in Beni Ansar, 12 Kilometer nördlich von Nador. Beni Ansar grenzt direkt an die spanische Enklave Melilla. Bekannt wurde die Stadt durch einen gewaltigen Grenzzaun zur Europäischen Union. Flüchtende aus Ländern südlich der Sahara versuchten zuletzt im Juni 2022, diesen Zaun mit einem Massenansturm zu überwinden, um in die EU zu gelangen. In Beni Ansar gibt es einen Hafen, von dem aus Fähren nach Sète in Frankreich sowie ins spanische Almería und Málaga fahren.

Schaffner mit Zeit für die Gäste

Auch unter den Mitreisenden am Bahnsteig in Nador zeigt sich ein Nebeneinander von Geschäftsleuten, Familien und Migrant:innen. Auf die Passagiere des Schlafwagens wartet ein Schaffner vor dem letzten Waggon. Er verteilt Willkommenspäckchen mit einer kleinen Wasserflasche und Toilettenartikeln und nimmt sich Zeit für seine Gäste. Jedes Abteil verfügt über ein einziges Bett, elegant bezogen mit einer roten Decke, Laken und Kopfkissen. Ein Waschbecken und ein Sessel mit Tischchen runden das Mobiliar ab.

Der üppige Stauraum bietet Platz für viel Gepäck, selbst ein Faltrad wäre kein Problem. Zum guten Service gehört ein kleines Frühstück mit Kaffee und Croissant kurz vor der Ankunft. Die mehrfach vorhandenen Steckdosen in der Ein-Frau-Kabine sind indessen nicht angeschlossen.

Nachtzüge sind eine umweltfreundliche Alternative zu vielen Flügen. Die taz stellt deshalb in loser Folge Verbindungen mit Schlaf- oder Liegewagen vor. Denn viele Ange­bote sind kaum bekannt. Wir schreiben aber auch, was besser werden muss, damit sie für mehr Menschen attraktiver werden.

Alle vorherigen Folgen finden Sie auf www.taz.de/nachtzugkritik.

Das Zugnetz in Marokko ist nördlich des Atlasgebirges gut ausgebaut. Es besteht im Wesentlichen aus zwei Hauptlinien, die vom staatlichen Eisenbahnbüro Office National des Chemins (ONCF) betrieben werden. Die touristischere Linie verläuft entlang der Atlantikküste von Tanger nach Süden über Rabat und Casablanca bis nach Marrakesch. Zwischen Tanger, Casablanca und Rabat sind seit 2018 auch Schnellzüge mit bis zu 320 Kilometern pro Stunde im Einsatz.

Die andere Linie verbindet Oujda im Nordosten mit Rabat. Ergänzt werden die Zuglinien durch Fernbusse des ONCF. Fahrkarten können online oder persönlich an jedem Bahnhof gekauft werden. Die Fahrt von Nador nach Casablanca kostet im Einerabteil 499 Dirham, umgerechnet etwa 45 Euro. Wer zu Lande und zu Wasser nach Marokko reisen möchte, fährt mit dem Zug ans Mittelmeer und nimmt zum Beispiel die Fähre ab Marseille oder Sète.

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