Leopard-2-Lieferungen: Polen stellt die Panzerfrage

Polen beantragt eine Exportgenehmigung für Leopard-Panzer. Verteidigungsminister Pistorius rät Exportstaaten, Schulung von Soldaten zu starten.

Große Flamme nach dem Abschuss aus einem Leopard Panzer

Deutsche Panzer aus Polen: Einige Nato-Staaten wollen den Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern Foto: Kacper Pempel/reuters

WARSCHAU taz | „Die Deutschen haben schon unseren Antrag auf eine Ausfuhrgenehmigung von Leopard-2-Panzern in die Ukraine erhalten“, informierte Polens Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak am Dienstagmorgen auf Twitter. Er appellierte zudem an die deutsche Seite, sich der Staatenkoalition anzuschließen, die die Ukraine mit Leopard-2-Kampfanzern unterstützt. „Es ist unsere gemeinsame Sache, denn es geht um die Sicherheit ganz Europas“, so Błaszczak weiter.

Zuvor hatte Premier Mateusz Morawiecki von der rechtsnationalen Regierungspartei PiS immer wieder versichert, dass Polen auch dann rund ein Dutzend Leopard-2-Panzer an die Ukraine übergeben werde, wenn Berlin kein grünes Licht gebe. Erst nach mehrfachem Hinweis, dass weder von Polen noch von einem anderen Nato-Staat ein notwendiger Antrag vorliege, kündigte Polen an, dies umgehend zu tun.

Allerdings schrumpfte die Ankündigung Morawieckis von einer „großen“ Nato-Staaten-Koalition, die unter Führung Polens der Ukraine die dringend gewünschten Panzer schicken würde, zu einer „kleinen“ zusammen – „wahrscheinlich ohne Deutschland“. Dabei ist bislang nicht klar, welche anderen Staaten sich dieser Koalition angeschlossen haben.

Aus Regierungskreisen heißt es, Polen verhandle mit insgesamt 15 Staaten. Finnland, das noch kein Nato-Mitglied ist, hat fest zugesagt, zwei Leopard-2-Panzer zu liefern. Zusammen mit den 12 polnischen wären das insgesamt 14 Panzer, von denen Staatspräsident Andrzej Duda und andere polnische Politiker bislang öffentlich gesprochen haben.

Pistorius' Prüfung läuft

Polen besitzt rund 250 Leoparden jüngeren und älteren Typs. Die Türkei und Griechenland, die neben dem Herstellerland Deutschland über das größte Kontingent mit jeweils 700 bis 800 Leoparden verfügen, wollen keine Panzer in die Ukraine schicken. Die Bundeswehr besitzt offiziell rund 320 Leoparden des neueren Typs, doch wie viele davon überhaupt einsetzbar sind, wird zurzeit auf Antrag des neuen Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) geprüft.

Kurz nach Eingang des polnischen Antrags einer Exportgenehmigung hat Pistorius allen potenziellen Leopard-Export-Staaten empfohlen, bereits mit der Schulung ukrainischer Soldaten an den verschiedenen Leopard-Typen zu beginnen. Dies lässt vermuten, dass Deutschland über kurz oder lang dem Einsatz des deutschen Kampfpanzers in der Ukraine zustimmen wird.

Allerdings ist allen Beteiligten klar, dass ein oder zwei Dutzend dieser Panzer den Krieg nicht entscheiden werden. Militärexperten weisen darauf hin, dass die Ukraine mehrere solcher Panzerverbände brauche, um die russischen Angreifer zurückzudrängen. Hilfreich wären da auch die britischen und französischen Panzer, die aber wieder eine eigene Logistik benötigen. Die Hauptlast würde also auf Deutschland fallen, das als Hersteller der Leopard-2-Panzer die meisten würde liefern müssen.

Doch wahrscheinlich zögert Olaf Scholz nicht nur deshalb seine Entscheidung hinaus. Liefern müsste Deutschland ja auch die Munition und Ersatzteile für alle in der Ukrai­ne eingesetzten Leoparden. Dabei gibt es jetzt schon Probleme mit Polens rechtsnationaler Regierung. Diese weigerte sich, ein Wartungs- und Reparaturzentrum für die von Deutschland gelieferten Waffensysteme an der Grenze zu genehmigen.

Patrioten auf dem Weg

Die Regierung in der Slowakei sprang in die Bresche, doch die reguläre Nachschublinie läuft nach wie vor über Rzeszów in Südostpolen, wo auch die USA eine Militärbasis samt Flughafen unterhalten. Ob es gelingt, die Rüstungsindustrie dazu zu bringen, sehr viel mehr Munition als bisher zu produzieren, ist wohl nicht nur eine Frage der Kapazitäten, sondern auch des Geldes.

In dieser Woche kommen auch die ersten beiden von insgesamt drei Staffeln des Patriot-Raketenabwehr-Systems in Polen an. Sie sollen in der Nähe der südostpolnischen Stadt Zamość stationiert werden, um die Nato-Ostflanke besser vor Raketen aus dem Osten zu schützen. Deutsche Soldaten, die diese Systeme zum Schutz Polens bedienen werden, sind bereits vor Ort, was polnische PiS-Regierungspolitiker vermeiden zu erwähnen.

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