Nach Protesten in Ostkongo: Tödliche Schüsse durch Blauhelme

Gegen die internationalen Eingreiftruppen wird im Kriegsgebiet demonstriert. Bei Auseinandersetzungen mit UN-Soldaten sterben fünf Menschen.

Eine Gruppe Soldaten mit blauen Helmen

Blauhelmsoldaten der Monusco-Mission in der Nähe von Kibumba Foto: Moses Sawasawa/dpa

KAMPALA taz | Bei einem Protest gegen die UN-Mission Monusco im Osten der Demokratischen Republik Kongo sind mutmaßlich fünf Kriegsvertriebene von UN-Blauhelmen erschossen worden. Acht Menschen wurden verletzt, so Iduma Molengo, Polizeichef von Nyiragongo am Nordrand der Provinzhauptstadt Goma.

Der Vorfall ereignete sich am Dienstagabend entlang der Überlandstraße, die von Goma aus gen Norden in Richtung des berühmten Virunga-Nationalparks und der Stadt Rutshuru führt. Rutshuru wird seit Juni 2022 von den Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) kon­trolliert, die von dort aus ins Landesinnere vorstoßen. Innerhalb des M23-Gebietes ist die Monusco präsent: Von ihrer Basis in Rutshurus Nachbarstadt Kiwanja aus versorgen sie Menschen mit Lebensmitteln und fahren Patrouillen.

Als ein UN-Konvoi am Dienstagabend von dort nach Goma fuhr, passierte er kurz vor Goma ein Vertriebenenlager, wo über 130.000 Menschen seit Monaten in Zelten auf Lavasteinen hausen – zumeist Bauernfamilien aus dem Umland von Rutshuru, die sich nicht in ihre Dörfer unter M23-Kontrolle zurücktrauen. Der UN-Konvoi „wurde von Demonstranten angegriffen, die zuvor die Straße mit großen Steinen verbarrikadiert hatten“, so die Monusco. „In der Folge zündeten die Angreifer vier Lastwagen des Konvois an und stahlen die Fracht.“ Daraufhin sei es zu „Raufereien“ gekommen.

„Sie wollten wissen, was die Monusco in Rutshuru macht, zumal das Gebiet vom Feind besetzt ist“, erläuterte Polizeikommissar Molengo am Mittwoch gegenüber kongolesischen Journalisten das Motiv der Vertriebenen, den UN-Konvoi aufzuhalten. Seit Monaten befeuert Kongos Regierung Hetze gegen die UN-Truppen sowie die Soldaten der ostafrikanischen Eingreiftruppe, der EAC (Ostafrikanischen Gemeinschaft), denen vorgeworfen wird, die M23 nicht aktiv zu bekämpfen.

„Unterstützt nicht die M23!“, warf Kongos Präsident Félix Tshisekedi dem EAC-Oberkommandierenden Jeff Nyagah am vergangenen Samstag auf einem Regionalgipfel in Burundis Hauptstadt Bujumbura an den Kopf. „Es wäre bedauerlich, wenn die Bevölkerung Sie angreifen würde. Sie sind hierhergekommen, um uns zu helfen, nicht um Probleme zu haben“, drohte er dem uniformierten General. Der kenianische EAC-Truppenchef Nyagah hatte auf dem Gipfel klargestellt, die Rolle seiner Eingreiftruppe sei rein defensiv.

Gegen die M23-Rebellen in den Masisi-Bergen

Seitdem kommt es in Goma zu täglichen Protesten, bei denen der Abzug der Eingreiftruppen gefordert wird, organisiert von Jugendorganisationen sowie der Zivilgesellschaft. Sie riefen am Montag die Bevölkerung auf, nicht zur Arbeit zu gehen, sondern die Soldaten der Armee anzufeuern, um in den Masisi-Bergen westlich von Goma gegen die M23 vorzugehen.

Auf Handyvideos sieht man Soldaten der Armee zu Fuß oder auf offenen Lastwagen durch Goma ziehen – in Richtung Frontlinie mit der M23 rund 20 Kilometer entfernt. Auch weiße Söldner der serbischen Sicherheitsfirma RALF, die im Dezember von Kongos Regierung angeheuert wurden, winken stolz von den Pick-ups herunter. Die Menschenmenge brüllt ihnen begeistert zu.

Auf weiteren Onlinevideos sieht man Hunderte aufgebrachte Jugendliche durch die staubigen Gassen von Goma ziehen: Sie brechen in Läden von Angehörigen der Tutsi-Minderheit ein und plündern deren Warenlager. Auch in einer Kirche wird randaliert, die von Tutsi der Banyamulenge-Minderheit besucht wird, Kirchenbänke werden davongeschleppt. Militärgouverneur Constant Ndima bezeichnete die Plünderungen als „das Werk böswilliger Menschen, die unsere Bevölkerung infiltrieren“.

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