Korruption: Aus für Ausschuss

Österreichs Konservative sabotieren erfolgreich die Arbeit des Parlamentsgremiums

Aus Wien Ralf Leonhard

Österreichs Konservative (ÖVP) haben ein Korruptionsproblem. Mehr als ein Jahr tagte der parlamentarische Untersuchungsausschuss „zwecks Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder“. Seine vorzeitige Beendigung am Mittwoch entsprach den Befragungen von Auskunftspersonen: die ÖVP übte Obstruktion. Der Nationalratspräsident und Ausschussvorsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) erschien nicht zu einer Sitzung, bei der der Fahrplan für die letzten zwei Ausschusswochen festgelegt werden sollte. Das Argument: Nicht alle Parteien hätten den Rundbrief zum Sitzungstermin unterschrieben. Es fehlte die Unterschrift der ÖVP. Sobotka sah sich außerstande, die Sitzung einzuberufen.

Für den Politikberater Thomas Hofer war das Motiv so einfach, wie es FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker diagnostiziert hatte: „Da dürfte heute das türkis-schwarze Telefon geläutet haben und Mikl-Leitner gesagt haben: ‚Drehts das ab!‘“ Johanna Mikl-Leitner ist ÖVP-Landeshauptfrau in Niederösterreich, wo ihr bei den Landtagswahlen am 29. Januar der Verlust der absoluten Mehrheit droht. Medienberichte über Korruptionsaffären ihrer Partei kann sie jetzt nicht brauchen.

Vorgesehen für die letzte Phase des Ausschusses waren Beweisanträge der Grünen und der SPÖ sowie die Ladung von zentralen Auskunftspersonen. Darunter die Demoskopin Sabine Beinschab, die gestanden hat, im Auftrag der ÖVP Meinungsumfragen zugunsten von Sebastian Kurz manipuliert zu haben. Kurz musste Ende 2021 nach dem Auffliegen dieses Skandals zuerst als Bundeskanzler und dann als Parteichef zurücktreten. Ihm droht auch ein Strafverfahren, weil er vermutlich den Auftrag gegeben hat, die geschönten Umfragen mit Steuergeld aus dem Finanzministerium zu bezahlen.

Während Kurz und andere hohe Ex-Funktionsträger erstaunliche Erinnerungslücken erkennen ließen, zeichneten vor allem die Aussagen von Beamten und Angestellten ein Sittenbild der ÖVP-Regierungen. Da ging es um Postenvergaben, bei denen das richtige Parteibuch mehr zählte als die Qualifikation, Steuernachlässe in Millionenhöhe für Unternehmer und die Parteifinanzierung mit öffentlichen Mitteln über verschlungene Kanäle. Auch die Justiz ermittelt. Mit Endlosdebatten zur Geschäftsordnung vergeudete ÖVP-Ausschussvertreter Andreas Hanger so viel Zeit, dass die Befragungszeit oft ergebnislos verstrich. Wolfgang Sobotka betätigte sich als parteiischer Richter, wenn es darum ging, heikle Fragen nicht zuzulassen. Einen gemeinsamen Schlussbericht wird es wohl nicht geben.