Schweden übernimmt EU-Ratspräsidentschaft: Ein klares Ziel

Die Ukraine müsse den Krieg gewinnen, sagt Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson. Dabei ist die EU in einigen Fragen gegenüber Kyjiw gespalten.

Kristersson spricht vor EU Emblem mit gelben Sternen

Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson am Dienstag in Straßburg Foto: Jean-Francois Badias/ap

BRÜSSEL taz | Die Europäische Union will sich für einen „Sieg“ der Ukraine gegen Russland einsetzen. Dies sagte der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson am Dienstag im Europa­parlament in Straßburg. Schweden führt bis Ende Juni den halbjährlich wechselnden Ratsvorsitz und legt auch die Prioritäten der EU-Politik fest.

Ein schneller Frieden gehört nicht zu den Zielen, die der neue EU-Vorsitz anstrebt. Kristersson sprach auch nicht von Verhandlungen mit Russland oder einem Waffenstillstand. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass die Ukraine siegt“, sagte er. Dies sei „existenziell“ für Europa und die ganze Welt.

Was mit Sieg gemeint ist, lies Kristersson offen. In der EU gehen die Meinungen dazu weit auseinander. Während Polen und Balten die Befreiung des gesamten ukrainischen Staatsgebiets einschließlich der Krim anstreben, halten sich Deutschland und Frankreich zurück. Russland dürfe nicht gewinnen, heißt es vorsichtig in Berlin und Paris.

Eine gemeinsame Strategie aller 27 EU-Länder fehlt, wie auch der Streit über Waffenlieferungen und deutsche Leopard-Panzer zeigt. Unter schwedischem EU-Vorsitz dürfte sich daran nichts ändern. Die wichtigen Fragen werden nicht in der EU, sondern in der Nato beziehungsweise im sogenannten Ramstein-Format unter Führung der USA diskutiert. Das nächste Treffen ist am Freitag – in Ramstein.

Mehr Geld für die Ukraine

Damit sich die Ukraine behaupten kann, brauche das Land „fortgesetzte wirtschaftliche, politische, humanitäre und militärische“ Hilfen, sagte Kristersson. Der Wiederaufbau des Landes erfordere eine Art Marshallplan wie nach dem Zweiten Weltkrieg, betonte er. Dafür müssten auch in der EU eingefrorene russische Gelder genutzt werden.

Allerdings blieb Kristersson auch hier konkrete Vorschläge schuldig. Bisher haben die EU-Länder zwar Milliardenvermögen eingefroren, die Oligarchen und der russischen Zentralbank gehören. Doch bisher gibt es keine Rechtsgrundlage für die Beschlagnahmung und Auszahlung an die Ukraine. Die EU-Kommission will nun daran arbeiten.

Die Brüsseler Behörde kündigte auch eine neue Finanzspritze für die Ukraine an. Man werde noch am Dienstag einen Hilfskredit von 3 Milliarden Euro auszahlen, teilte die EU-Kommission mit. Bis Ende des Jahres sollen 18 Milliarden Euro fließen, um laufende Aufgaben der Regierung in Kyjiw zu finanzieren. Dazu gehören Löhne und Renten.

Die Finanzhilfe ist an Auflagen gebunden. Dabei geht es vor allem um Rechtsstaatlichkeit und Korrup­tions­bekämpfung. Allerdings soll die Umsetzung dieser Bedingungen erst im Herbst überprüft werden. Dann legt die Kommission ihren ersten sogenannten Fortschrittsbericht vor, in dem sie Reformen mit Blick auf den geplanten EU-Beitritt bewertet.

Von der Leyen betont Solidarität

Die Ukraine gilt als eines der korruptesten Länder Europas. Kritik gibt es auch immer wieder an Rechtsstaat und Demokratie. Zuletzt hatte Präsident Wolodimir Selenski vier ehemaligen Abgeordneten die Staatsbürgerschaft entzogen. Ihnen werde Hochverrat vorgeworfen, hieß es in Kyjiw. Zudem setzte Selenski 198 russische Künstler auf eine schwarze Liste.

Die EU-Kommission hat sich zu diesen Vorgängen bisher nicht geäußert. Behördenchefin Ursula von der Leyen stellte lieber ihre Solidarität heraus. „Unsere unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine wird nicht nachlassen, von der Hilfe bei der Wiederherstellung der Strom-, Wärme- und Wasserversorgung bis hin zum Wiederaufbau“, sagte von der Leyen beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Die EU sei bereit, „so lange wie nötig“ zu helfen, betonte die deutsche CDU-Politikerin. Nach einem schnellen Sieg klang es nicht – eher nach einem langen Krieg.

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