Bayern will Lehrkräfte abwerben: Söder fischt bei den Preißn

Bayerns Ministerpräsident will Leh­re­rinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben. Damit bringt er nicht nur bayerische Eltern gegen sich auf.

Markus Söder mit Alpakas

Markus Söder (l) und Familienministerin Ulrike Scharf (r) gut gelaunt in der Kita „Kleine Heimat“ Foto: Armin Weigel/dpa

MÜNCHEN taz | Es muss ein Termin ganz nach Markus Söders Geschmack gewesen sein: Gemeinsam mit seiner Familienministerin Ulrike Scharf kam er am Mittwoch zur Eröffnungsfeier der inklusiven Kita „Kleine Heimat“ im oberbayerischen Münchsmünster. Eine tolle Einrichtung, hier werde, wie die Ministerin sprach, echte Teilhabe gelebt. Und zu allem Überfluss gibt es sogar noch Alpakas, Seidenhühner und zur besonderen Freude des Ministerpräsidenten den Therapiehund Fränky.

Dass er ein Herz für Kinder hat, daran will Bayerns Ministerpräsident keinen Zweifel aufkommen lassen. Vornehmlich bayerische Kinder, versteht sich. Erst vor zwei Wochen hat er bei der Klausurtagung seiner CSU-Fraktion angekündigt, was seine Regierung vor der Landtagswahl im Oktober noch alles reißen will. Für Kinder und Schüler versprach er mehr Ganztagsbetreuung, Laptops, Tablets, Sprachkitas und Schulpsychologinnen. Vor allem aber: Lehrer.

In den nächsten fünf Jahren werde es 6.000 neue Stellen geben, sagte Söder. Da der Lehrermangel bekanntlich aber nicht nur auf fehlende Stellen zurückzuführen ist, sondern vor allem darauf, dass es weit und breit kaum Lehrer gibt, die man einstellen könnte, hatte Söder auch hierfür eine Lösung mitgebracht.

Künftig werde Bayern aktiv Kräfte aus anderen Bundesländern anwerben. Schließlich würden Lehrer in Bayern besser bezahlt, auch ein Paket für Start- und Umzugshilfe soll es als Entscheidungshilfe geben. Söder war offensichtlich sehr zufrieden mit sich selbst.

Großes Vorbild Irland?

Verwundert wird sich der Wohltäter daher die Augen gerieben haben, welcher Sturm der Entrüstung sich da plötzlich gegen ihn entlud. Vor allem war es der Bayerische Elternverband (BEV), der ihn hart anging. Just während Söder arglos Alpakas und Kleinkinder streichelte, veröffentlichte die Elternvertretung einen Offenen Brief: „Für die Bildung anderer Bundesländer hatten Sie bisher kaum mehr als Geringschätzung übrig“, schreibt BEV-Chef Martin Löwe an den „sehr geehrten Herrn Ministerpräsidenten“:

Angesichts dessen solle der „sich schämen, nun, in der Not, im einst naseberümpften bayerischen 'Ausland’ nach Lehrkräften zu angeln“ – zumal auch dort Lehrermangel herrsche. Söder glaube, wegen der hohen Beiträge Bayerns zum Länderfinanzausgleich trotzdem ein Recht darauf zu haben, die noch übrigen abzuwerben, moniert Löwe. „Dafür schämen wir bayerischen Eltern uns an Ihrer Stelle.“ Der Bildungserfolg von Kindern sei schon jetzt vom Geldbeutel der Eltern abhängig. „Soll er nun auch noch von dem des Bundeslandes abhängen?“

Auch Bildungsforscher Dirk Zorn von der Bertelsmann-Stiftung meldete sich zu Wort und rügte Söder: „Ich halte es für unverantwortlich, was Bayern da macht“, sagte er im Interview mit der Augsburger Allgemeinen und sprach von einem „Dammbruch“. Dadurch erodiere „alles Vertrauen darauf, dass wir uns als Land dieser Aufgabe gemeinsam stellen“.

Bayern solle lieber andere Möglichkeiten ausschöpfen. Hier würden noch vergleichsweise wenige Quereinsteiger unterrichten: „In Bayern sind noch Kapazitäten da, um eine gute Begleitung dieser Personen zu gewährleisten.“

Über eine aktuelle Meldung dürfte sich Söder, der den Freistaat ohnehin eher in einer Liga mit anderen EU-Staaten und den USA sieht denn als einfaches Bundesland, dann doch gefreut haben. Auch Irland kündigte eine Maßnahme an, um dem akuten Lehrermangel entgegenzuwirken. Künftig, so war in der Irish Times zu lesen, dürften nun in größerem Maße auch im Ausland ausgebildete Lehrer in Irland unterrichten. Anders als bisher müssten sie dafür noch nicht einmal einen Abschluss in Gälisch vorweisen.

Inwieweit Söder seinerseits bei seiner Abwerbeaktion auf Bairischkenntnisse Wert legen wird, darüber hat er sich noch nicht ausgelassen.

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