Terror aus der Luft zum Wochenende

Russland hat die Ukraine erneut massiv angegriffen. Dutzende von Zivilisten wurden getötet und Infrastruktur wurde beschädigt

Aus Kyjiw Anastasia Magasowa

Zwei Wochen nach dem letzten massiven Angriff am Silvestertag hat Russland die Ukraine am Wochenende erneut angegriffen. Der Samstagmorgen begann für die Ein­woh­ne­r*in­nen von Kyjiw mit einer Serie von Explosionen, die um 6 Uhr und um 9 Uhr zu hören waren. In beiden Fällen wurde das Luftangriffsalarmsystem nicht ausgelöst.

Laut den ukrainischen Luftstreitkräften zeigte die ballistische Flugbahn, dass die russischen Raketen vom Norden kamen. „Wir haben die Mittel nicht, um das, was auf dieser Flugbahn fliegt, zu entdecken und abzuschießen. Nur 1 bis 2 Minuten dauert es vom Start bis zum Ziel“, so erklärte der Sprecher der ukrainischen Luftstreitkräfte Yuriy Ihnat, warum der Luftalarm nicht aktiviert wurde.

Infolge des Angriffs wurde die Energieinfrastruktur in Kyjiw und dem gesamten Gebiet beschädigt. Daher wurden in einigen Teilen der ukrainischen Hauptstadt Notstromabschaltungen vorgenommen, so dass Kyjiw für mehr als 7 Stunden ohne Strom blieb.

Wenige Stunden nach dem Angriff auf die Hauptstadt schickte Russland Bombenflugzeuge in die Luft und Kriegsschiffe ins Schwarze Meer. Der gesamte Angriff bestand aus 38 Raketen verschiedenen Typs. Davon konnte die Ukraine 25 Lenkflugkörper (Waffen mit eigenem Antrieb) abschießen. Die restlichen Raketen trafen zivile und kritische Infrastruktur in den Regionen Charkiw, Lwiw, Iwano-Frankiwsk, Saporischschja und Winnyzja. Darunter befanden sich auch zwei Wärmekraftwerke, von denen ein Kraftwerksblock aufgrund erheblicher Schäden abgeschaltet wurde. „Dies ist der 26. terroristische Angriff auf unsere Energieeinrichtungen. Wir arbeiten daran, sie wiederherzustellen. Es liegen schwierige Tage vor uns“, teilte DTEK mit, das größte Energieunternehmen der Ukraine. Parallel zu den Raketenangriffen wurden auch Gebiete entlang der Frontlinie beschossen. Die Zivilbevölkerung in der vor Kurzem befreiten Stadt Cherson und der Stadt Awdijiwka im Gebiet Donezk litt am meisten unter dem Beschuss. Drei junge Männer wurden getötet und drei weitere verletzt, als sie sich in der Nähe einer Verteilstation für humanitäre Hilfe aufhielten.

„Den russischen Terror kann man leider nur auf dem Schlachtfeld stoppen“

Präsident Wolodimir Selenski

Am tödlichsten war der massive russische Angriff in der Region Dnipropetrowsk. Dort traf eine Kh-22-Rakete einen mehrstöckigen Wohnblock in der zentralukrainischen Stadt Dnipro. Als Folge des Angriffs stürzten zwei Treppenhäuser mit 72 Wohnungen in einem neunstöckigen Gebäude vollständig ein, in dem insgesamt mehr als 1.100 Menschen lebten. Vierundzwanzig Stunden nach dem Schlag waren 25 Menschen gestorben, darunter ein Kind. 73 Menschen wurden verletzt, darunter 16 Kinder. Die Suche nach mindestens 43 weiteren Personen geht weiter.

In seiner Rede am Wochenende fragte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski rhetorisch, ob der russische Terror zu stoppen wäre. „Ja. Den kann man stoppen, aber leider nur auf dem Schlachtfeld. Die ganze Welt weiß, wie diejenigen aufzuhalten sind, die den Tod säen“, sagte Selenski. Seit Langem fordert Kyjiw die Lieferung des deutschen Leopard-2, der den russischen Panzern technisch überlegen ist.